Ballack - eine Klasse für sich
Nicht nur mit dem Treffer gegen Leverkusen machte der Kapitän der Nationalelf deutlich,
dass er eine geborene Führungsfigur ist und er wesentlich zur Ausnahmestellung der Bayern beiträgt.
Von UDO BONNEKOH
MÜNCHEN Irgendwann in der Spätzeit des Spiels ist der von wärmender Wolle umwickelte Felix Magath dann doch herausgetreten aus seinem schützenden Unterstand. Und der gute Mann hat sich in ganzer Größe drohend aufgebaut, um so ein Zeichen des Missfallens zu geben an seine nicht gar so konzentriert arbeitenden Angestellten. Geändert aber hat Bayern Münchens Trainer nichts mit seinem Ansatz von physischer Intervention: Die Münchner spielten ihren Stiefel in aller Kälte herunter und das 1:0 gegen Leverkusen wie automatisiert nach Hause. Das Publikum schien dennoch entzückt, obwohl der Champion dem Kunden über eine Stunde lang ein weit unterdurchschnittliches sportliches Angebot gemacht hatte. Neunte Vorstellung in der voluminösen Arena, neunter Erfolg, im Sauseschritt auf den Titel zu, die Konkurrenz eher minderbemittelt das reicht den Sympathisanten der Bajuwaren schon zum Applaus ohne Vorbehalt.
Noch ehe sich Qualitätsfragen stellen konnten, die im zur Arroganz tendierenden Selbstverständnis des Meisters einem Tabubruch gleichkommen, verbreitete Uli Hoeneß in Spott verpackte Exklusivmeldungen. „Die Leverkusener”, meinte der Manager, „haben sogar mit Libero gespielt so viel Angst hatten die vor uns.” Und Michael Skibbe versuchte sich sanft in einem Konter und sagte die Wahrheit: „Herr Hoeneß hat ja nicht immer Recht.”
So war‘s tatsächlich. Selten in der Neuzeit der Bundesliga wagten sich die Leverkusener so frisch ans Werk, so couragiert. Klare Chance für Barnetta, Schneiders Kopfball auf die Lattenoberkante, Schneiders Schuss mit Lizarazus Abwehr auf der Linie neben Kahn mehr Möglichkeiten besaß eine Bayer-Mannschaft so gut wie noch nie gegen eine zumindest in der ersten Halbzeit reichlich desorientierte Münchner Abwehr mit einem wunderlichen Dauer-Irrläufer Ismael. Ballack freilich blendete den negativen Teil des insgesamt nicht überzeugenden Vortrags seiner Kollegen total aus. „Es war eigentlich wie immer, wenn die Leverkusener kommen. Sie spielen ganz gut mit, haben aber kaum zwingende Chancen”, meinte Ballack ohne Anflug von Zweifeln.
Was die Bayern allerdings haben, und das macht ihre Ausnahmestellung aus: Sie besitzen selbst in dürren Spiel-Zeiten ein paar Heinzelmännchen, die den Laden sauber halten. Vor allem Ballack selbst, der erst mal kurz die zum Teil arg sorglosen Defensivspezialisten mit einem Anpfiff zu mehr Ordnung aufrief und wenige Augenblicke später vorn präsent war, um beim einzigen Treffer seine ganze technische Klasse zu demonstrieren. In Sagnol und Lucio fand die geborene Führungsfigur Ballack am ehesten Verbündete in Geist und Werk.
„Shit happens”, meinte der des Englischen mächtige Leverkusener Mittelfeldmann Simon Rolfes zu seinem Fehlverhalten, als er vorm 0:1 Sagnols Flankenball fatal falsch berechnete. „Mist passiert” heißt das ein bisschen frei übersetzt. Und weil die Leverkusener reihum zu oft Unrat produziert haben, stecken sie fest in der Grauzone der Bundesliga-Tabelle.
„Das war eine sehr ordentliche Leistung, mit der ich einverstanden bin”, betonte Bayer Leverkusens Sportdirekor Rudi Völler, „wir sind wieder in der Spur.” Was das heißt, zeigt sich am Mittwoch. Dann wird Wolfsburg in Leverkusen vorstellig mit dem im vergangenen Herbst von Bayer geschassten Klaus Augenthaler.