Absurde Torflut

  • VON KARLHEINZ WAGNER


    Zu den Vorzügen unvorhergesehener Ereignisse gehört es, dass sich gleich im Anschluss ganze Heerscharen von Experten zum Affen machen, wenn sie erklären, warum man das alles eigentlich hätten ahnen, wissen und - ja, vor allem - verhindern können. Dass sie es dann weder geahnt, noch gewusst, noch gar verhindert haben, darin liegt die Tragik des Expertenwesens schlechthin. Solange es aber uns gute Unterhaltung beschert, sollte man daran nur ja nichts ändern.
    Über das 7:4 des FC Schalke 04 über Bayer Leverkusen lässt sich allerhand sagen und behaupten. Wahr ist aber vor allem dies: Solch ein Spektakel gehört zu den vollständig unvorhersehbaren Dingen im Fußball. Und da war es, im Vergleich, angenehm zu sehen, wie nach der Torflut von Gelsenkirchen die Verantwortlichen gar nicht erst den Anschein zu erwecken versuchten, sie hätten begriffen, was da soeben und warum passiert sei. „Nein“, sagte Bayer-Trainer Michael Skibbe kurz auf die Frage, ob er für den Vorfall eine Erklärung habe. Dabei schaute er ziemlich mürrisch. Und „nein“, sagte Schalke-Trainer Mirko Slomka auf die gleiche Frage, wobei er allerdings das Grinsen eines Mannes im Gesicht hatte, der soeben zufälligerweise das längere von zwei unterschiedlich langen Streichhölzern gezogen hatte.


    Nein, Erkenntnisse gibt es nach solch einer Partie kaum. Torhüter Butt und Abwehrspieler Madouni gehörten zuletzt zu den zuverlässigen Kräften im Leverkusener Kader. Niemand wird ihnen verboten haben, die Leistungen der vergangenen Spiele zu wiederholen. Dass die Klasse der Bayer 04-Stürmer sogar dem Schalker Publikum stellenweise den Atem raubte, gehört zu Dingen, die ein Trainer üblicherweise hervorhebt nach dem Spiel - nach sieben Gegentoren fällt ein solches Lob aber einigermaßen schwer.


    An Tagen wie diesen werden Fußball-Weisheiten sozusagen mit Fußball getreten: Immer wieder hört man Trainer, die bedauernd feststellen: „Wenn man auswärts zwei Tore schießt, müsste man eigentlich einen Punkt gewinnen.“ Gut, was ist, wenn man vier Tore schießt? Und wenn ein Team sieben Tore schießt, ist einem dann nicht üblicherweise nach Fröhlichkeit zumute? Schon, aber wie ist das, wenn man vier Gegentreffer kassiert hat?


    Skibbe versuchte sich nach dem Spiel ein kleines bisschen in Galgenhumor. Nach dem 4:0 gegen Wolfsburg und dem 4:7 in Gelsenkirchen spekulierte er: „Beim nächste Heimspiel wollen wir wieder vier Tore schießen, aber nach Möglichkeit sieben weniger kassieren als heute.“ Das klingt ein bisschen hilflos. Aber dafür kann man dem Trainer immerhin zugute halten, dass er sich nicht zum Affen gemacht hat.


    KStA

    Im Übrigen bin ich der Meinung, daß wir Meister werden !!! -Irgendwann