Das 'Wahnsinnsspiel'

  • 13.02.2006 16:40 Uhr

    Das 'Wahnsinnsspiel'


    Der Videowürfel in der Veltins-Arena ist unbestritten groß, ja geradezu riesig. Und doch schauten die 61.542 Zuschauer am Samstag um 17.19 Uhr lieber zweimal auf den überdimensionalen Bildschirm. 'Schalke 7 – Leverkusen 4' stand da zu lesen. Zahlen, die eine denkwürdige Partie bezeugten. bundesliga.de über ein 'Wahnsinnsspiel'.

    Denkwürdig, spektakulär, wahnsinnig, historisch waren die meist gebrauchten Worte nach der Partie. 'Das habe ich seit 1963 nicht mehr erlebt. Damals habe ich als Spieler mit Borussia Dortmund in der Gelsenkirchener Glückauf-Kampfbahn gegen die Schalker nach 25 Minuten 6:0 geführt und am Ende 6:2 gewonnen', erklärte Schalkes Manager Rudi Assauer, der nach dem Spiel in seinen Erinnerungen kramte.


    Während die Fans förmlich aus dem Häuschen waren und die Stars minutenlang feierten, sprach S04-Trainer Mirko Slomka vom größten Spiel in seiner 16-jährigen Laufbahn und Bayer-Coach Michael Skibbe von Fußball-Harakiri am 'Tag der offenen Tür'. 61.524 Zuschauer erlebten beim munteren Scheibenschießen zugleich Chaos in beiden Deckungsreihen und zudem das torreichste Bundesligaspiel seit dem 6. November 1982 (Borussia Dortmund-Arminia Bielefeld 11:1).


    Bayers erstmals mit sieben Gegentoren


    Leverkusen kassierte indes erstmals seit dem Bundesliga-Aufstieg 1979 sieben Gegentreffer. Schalke dagegen erzielte seit dem 9. April 1977 (7:1 beim Karlsruher SC) wieder sieben Tore in einer Partie in der Eliteliga. 'So viele Tore kannst du vorne gar nicht schießen, wenn du hinten sieben bekommst', meinte ein fassungsloser Bayer-Sportchef Rudi Völler zum Abwehr-Torso seiner Mannschaft.


    Schalke dagegen steigerte sich bei der Fußball-Gala in einen wahren Torrausch. Nach nur 22 Bundesligatreffern in 20 Begegnungen gingen die Gastgeber wie noch nie in dieser Saison auf Torejagd. Die königsblauen Anhänger feierten ihre Lieblinge nach dem Schlusspfiff mit Standing Ovations, mit Zugabe-Rufen und Schlachtgesängen. Kevin Kuranyi erklärte überglücklich nach dem sechsten Heimsieg: 'Wir haben die Champions League noch nicht abgehakt. Eine Siegesserie zu starten, wäre nun enorm wichtig, um die Konkurrenz nervös zu machen.'


    Tor Nummer zehn bringt die Entscheidung


    Beinahe leid tun konnte dem neutralen Beobachter Bayers Schlussmann Jörg Butt. Der Torhüter stand gegen Schalke quasi in einer Schießbude. Sören Larsen (9., 63.), Mladen Kristajic (17.), Zlatan Bajramovic (34.), Kevin Kuranyi (55.), Lincoln (76.) und Gerald Asamoah (80.) hatten jedoch wenig Mitleid und machten das Torfestival perfekt. Zum Spektakel trug aber auch Bayer mit Qualität, Moral und Angriffswucht bei. Andrej Voronin (40., 64.), Dimitar Berbatov (50.) und Jacek Krzynowek (70.) hielten die Gäste bis zum 4:5 im Spiel. Lincolns Treffer brach dem Skibbe-Team endgültig das Genick.


    'Das 6:4 war spielentscheidend. Danach haben wir nicht mehr den richtigen Dreh gekriegt. Ich finde toll, wir meine Mannschaft zurückgekommen ist und gefightet hat. Sie hat einen positiven Beitrag zu dieser Partie geleistet', befand Skibbe. Dagegen fand Bernd Schneider deutlichere Worte: 'Das war eine Katastrophe. Wenn man vier Tore auf Schalke schießt, muss man eigentlich drei Punkte mitnehmen.'


    Eigentlich. Aber nicht in diesem Wahnsinnsspiel.


    sid/Erik Roos


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