Berbatov, der Künstler
Mit dem Kopfball zum 3:2 entschied der Leverkusener das Spiel gegen den MSV. Der Duisburger Biliskov dagegen leistete sich einen Kopfstoß Trainer Kohler drohte ihm nach dem Platzverweis mit Sanktionen.
Von UDO BONNEKOH
LEVERKUSEN Rudi Völler gab mit ausgebreiteten Armen und einem genüsslichen Lachen das Ein-Mann-Empfangskomitee für einen seiner Angestellten. Ein kleiner Klaps auf den Kopf, Daumen deutlich hoch mit sparsamer Geste adelte der Leverkusener Sportchef als weltmeisterlicher Stürmer von einst Bayers aktuell herausragenden Angreifer, der glücklich der Umkleide zustrebte, an den Händeschüttlern vorbei. Dimitar Berbatov, der kurz vor Ultimo mit einem kunstvollen Kopfball ein wunderbares Beispiel für seine ungewöhnlichen Qualitäten geliefert hatte, galt Völlers Zuneigung. Der Bulgare stieg fraglos zum Matchwinner empor beim 3:2 gegen den MSV Duisburg. „Das ist ein guter Spieltag für uns”, sagte Völler beinahe schelmisch grinsend, die Tabelle und die Ergebnisse der Konkurrenten vor Augen. Zwei Punkte sind es nur noch bis zu Platz fünf, bis zum Entree ins internationale Geschäft.
Guter Spieltag? Die Duisburger empfanden mit Recht das genaue Gegenteil. Ans schlicht Verheerende grenzte die Niederlage in ihrer Ausstrahlung auf Moral und Zahlenwerk. Der Verlust von wichtigem Personal wog auch noch tonnenschwer. „Solche Spiele musst du im Abstiegskampf gewinnen. Das kann am Saisonende entscheiden”, sagte Jürgen Kohler gar nicht mal laut, aber sehr bestimmt. Und in aller Ruhe drohte Duisburgs Trainer, auch ein Weltmeister wie Völler, seinem entgleisten Abwehrmann Biliskov mit Sanktionen. Dieser Kopfstoß gegen den Leverkusener Barnetta kommt Biliskov individuell wohl nicht so teuer zu stehen wie Kohlers Vorgänger Norbert Meier ein ähnlich unkontrollierter Gewaltakt kürzlich gegen Kölns Streit. Doch der aufgebrachte MSV-Coach fürchtet eben nachhaltigen Schaden fürs genug gebeutelte Kollektiv. Kohler: „Abgesehen davon, dass wir mit Billi wohl nicht verloren hätten, darfst du dir so etwas in unserer Lage überhaupt nicht erlauben.”
Duisburger Aufgeregtheiten und Ärger freilich kümmerten die Leverkusener keinen Deut nach einer erregend bizarren Begegnung, die in ihren wundersamen Elementen durchaus heranreichte an Bayers 4:7 auf Schalke. „Verrückt, oder?”, meinte Völler in der Rückschau auf die laufenden Wellenbewegungen, auf die irritierenden Brüche in diesem merkwürdigen Treffen, das anfangs Richtung auf ein Tor-Festival wie jüngst gegen Wolfsburg zu nehmen schien. Da sprangen die Leverkusener mit ihrem Gegner um wie mit Anfängern.
„Klar habe ich ein Schützenfest befürchtet”, bekannte MSV-Schlussmann Koch, dem stets anzumerken ist, dass die Bundesliga sein angestammtes Arbeitsgebiet ist im Gegensatz zu Baelum etwa oder Möhrle oder Tjikuzu. Bei solch unbedarfter Gegnerschaft frohlockten Freier und Barnetta, die unbeschwert zwei Treffer vorlegten. Berbatov, Voronin und Schneider produzierten eine verführerische Vielzahl von Möglichkeiten. In dem Augenblick, in dem die Leverkusener selbstverliebt Pirouetten zu drehen und Kringel aufs Feld zu zeichnen begannen, nahmen erst schwachbrüstige Duisburger plötzlich Statur an. Und der eifrige, begabte Lavric wurde zum Knipser. „Da war viel zu viel Zauberei vorne, zu wenig Konzentration im Abschluss”, monierte Jens Nowotny, seit rund einem Jahr erstmals von Beginn im Bayer-Team. Und Jürgen Kohler beklagte derweil die verpasste Gelegenheit von Tararache, der mit Wucht schoss statt mit Überlegung. „Machen wir da das 3:2, gewinnen wir allein”, sagte der MSV-Coach und trollte sich traurig.