"Das war nicht in Ordnung!"

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    Leverkusen: Interview mit Carsten Ramelow - 23.02.2006 11:27
    "Das war nicht in Ordnung!"


    Der Kapitän der Leverkusener findet im kicker-Interview deutliche Worte auch gegenüber seinem Trainer: "Ein wenig Vertrauen wäre angebracht. Aber davon spüre ich nichts."


    Menschlich enttäuscht: Carsten Ramelow.


    kicker: Herr Ramelow, zum ersten Mal seit fünfeinhalb Jahren standen Sie am Samstag nicht in der Leverkusener Startelf, obwohl weder verletzt noch gesperrt. Warum?
    Carsten Ramelow (31): Aus meiner Sicht gibt es da keinen Grund, keinen sportlichen zumindest. Und die Art und Weise, wie es mir gesagt wurde, fand ich nicht in Ordnung. Einfach so, ohne Begründung.


    kicker: Gab es mittlerweile ein Gespräch mit Michael Skibbe?
    Ramelow: Ja, aber da ist wenig bei rumgekommen. Er hat mir seine Meinung dargelegt, ich respektiere sie. Aber ich bin anderer Meinung.


    kicker: Führte er sportliche Gründe für Ihre Verbannung an?
    Ramelow: Ja, so hat er es mir gesagt. Aber wir haben das nicht vertieft.


    kicker: Fehlt Ihnen Selbstkritik?
    Ramelow: Sicher nicht. Wenn einer besser ist, dann gehe ich auf die Bank. Damit hätte ich kein Problem. Aber so, wie es letztlich abgelaufen ist, kann ich die Sache nicht nachvollziehen.


    kicker: Sie wirken menschlich enttäuscht.
    Ramelow: Ja, das ist so. Ich bin Kapitän, dienstältester Spieler hier. Da wäre ein wenig mehr Vertrauen schon angebracht, denke ich. Aber davon spüre ich nichts.


    kicker: Seit wann?
    Ramelow: Schon länger. Seit der Verletzungspause in der Hinrunde.


    kicker: Gab es Spannungen zwischen Ihnen und Michael Skibbe?
    Ramelow: Nein, aber er hat gewisse Vorstellungen und in denen spiele ich derzeit wohl keine große Rolle.


    kicker: Bereuen Sie heute, Ihren Vertrag vorzeitig bis 2008 verlängert zu haben?
    Ramelow: Nein, auf keinen Fall. Dazu stehe ich. Ich identifiziere mich mit Bayer und gebe auch von dieser unbefriedigenden Position alles für die Mannschaft. Ich bin sicher keiner, der schlechte Laune verbreitet.


    kicker: Fühlen Sie sich, ähnlich wie 2004, als Sie aus der Nationalelf zurücktraten, als Sündenbock?
    Ramelow: Möglich, dass sich dieser Eindruck verfestigt. Aber nach der Winterpause habe ich im Spiel gegen Frankfurt gut gespielt, das hat der Trainer auch öffentlich gesagt. Danach musste ich hinten aushelfen. Diese Vielseitigkeit wurde wohl zum Nachteil. Aber ich habe auch da versucht, mein Bestes zu geben. Was mir bis auf das Schalke-Spiel auch ganz gut gelungen ist.


    kicker: Wurde Ihnen dieses Spiel zum Verhängnis?
    Ramelow: Nicht nur mir. Andere mussten auch auf die Bank. Aber jetzt hilft kein Motzen. Wenn ich spüre, dass da etwas nicht ganz astrein abläuft, dann melde ich mich und sage das demjenigen unter vier Augen. So habe ich es jetzt auch mit Skibbe gemacht.


    kicker: Sie sind Kapitän. Fühlen Sie sich auch als solcher?
    Ramelow: Wenn der Zustand so bleibt, dann ist es aus meiner Sicht sinnvoller, einen Spieler zum Kapitän zu machen, der immer spielt und dem der Trainer absolut vertraut. Das ist kein Job für die Bank.


    Interview: Frank Lußem