Köln (rpo). Das Thema Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga gerät für Köln in immer weitere Ferne. Die Mannschaft von Trainer Hanspeter Latour kassierte im rheinischen Derby gegen Bayer Leverkusen eine deutliche 0:3 (0:0)-Niederlage und steht mit 15 Punkten nun weit abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz.
Die Fans flüchteten bereits 20 Minuten vor Spielende in Scharen aus dem Stadion, FC-Boss Wolfgang Overath starrte mit versteinertem Gesicht auf das Spielfeld, und Coach Hanspeter Latour war nur noch ratlos. Trotz Karneval herrschte Untergangsstimmung beim 1. FC Köln nach dem 0:3 (0:0)-Debakel im rheinischen Derby gegen Bayer Leverkusen. "Es tut weh, aber es muss weitergehen", sagte Latour geknickt und suchte vergeblich nach Erklärungen: "Es stellt sich die Frage, warum einzelne Spieler vor so einer tollen Kulisse regelrecht zusammenbrechen. Wenn man so auftritt, hat man in der Bundesliga keine Chance. Ich habe noch die Hoffnung. Was anderes bleibt uns derzeit nicht."
Der vierte Abstieg in acht Jahren wird für den 1. FC Köln mehr und mehr zur Gewissheit. Mit nur 15 Punkten auf der Habenseite sind die Geißböcke bereits sechs Zähler vom rettenden Ufer entfernt. Hinzu kommt die erschreckende Negativserie: Der FC wartet seit 18 Spielen auf einen Sieg und hat damit den Vereins-Negativrekord aus dem Jahr 1991 eingestellt. Doch weniger die Zahlen, als vielmehr die Leistung lässt die Hoffnung der treuen FC-Fans gen Nullpunkt sinken.
Wie ein Absteiger
"Die Mannschaft hat ein Gesicht gezeigt, was ich nicht erwartet habe. Es gibt nichts zu verniedlichen. Heute haben wir wie ein Abstiegskandidat gespielt. Wir können uns nur dafür entschuldigen, dass wir den Fans den Karneval versaut haben", redete Manager Michael Meier Klartext: "Der Grund für die Niederlage liegt auf der Hand. Es lag an der Einstellung. Ich erwarte von den Spielern, dass sie das umsetzen, was der Trainer vorgegeben hat. Dass sie nah am Mann sind und nicht die Gegenspieler mit dem Fernglas verfolgen. Das ist doch einfach, da muss man den Fußball nicht akademisieren."
Nach dem "schlechtesten Spiel in meiner Amtszeit" (Latour) herrschte Ratlosigkeit in Köln. "Mit so einer Leistung können wir in der Bundesliga nicht bestehen", räumte auch Lukas Podolski ein und musste sich in seiner Kritik miteinbeziehen. Der Jung-Nationalspieler steckt in einer tiefen Formkrise. Vor den Augen von Bundestrainer Jürgen Klinsmann betrieb der 20-Jährige alles andere als Eigenwerbung. Mit Fehlpässen, kaum gelungenen Aktionen und harmlos bei den Torschüssen präsentierte sich Podolski einmal mehr von seiner schwächsten Seite.
Alpay fällt wieder auf
Während die Einen nach ihrer Form suchen, spiegeln sich bei Anderen die Unzulänglichkeiten in dummen Aktionen wider. So fiel der Türke Alpay Özalan mit einer Gelb-Roten Karte wegen unsportlichen Verhaltens (77.) mal wieder schlecht auf. "Es gibt mir zu denken, dass wir zum zweiten Mal hintereinander das Spiel mit zehn Mann beenden. Das zeigt, dass bei einigen Spielern die Nerven blank liegen", sagte Latour und auch Meier wollte für die Aktion des Türken nicht die Schuld beim Schiedsrichter suchen.
Von den FC-Spielern kamen indes halbgare Erklärungen (Ricardo Cabanas: "Solche Tage gibt es") für die Pleite. Schlussmann Alexander Bade hat zumindest den Ernst der Lage erkannt: "Wir brauchen keine großen Rechenspiele zu machen. Wir müssen endlich mal ein Scheißspiel gewinnen."
Elf Spiele bleiben den Rheinländern noch, das drohende Unheil abzuwenden. Für den Fall des Abstiegs steht Latour auch in der zweiten Liga zur Verfügung: "Wenn die Vereinsführung der Meinung ist 'das kann was geben', dann bleibe ich." Doch vom Abstieg wollte Latour noch nicht sprechen: "Solange die theoretische Möglichkeit besteht, muss man alles versuchen und dran glauben."
Den Glauben in die eigene Stärke hat Bayer Leverkusen erstmal wiedergefunden. Mit einer überzeugenden Vorstellung und drei Toren von Dimitar Berbatow (67.), Andrej Woronin (70.) und Jacek Krzynowek (83.) liegt der Werksklub wieder gut im Rennen um die UEFA-Cup-Plätze. "Der Sprung in der Tabelle sagt nicht soviel aus wie das Auftreten auf dem Platz", meinte Trainer Michael Skibbe und freute sich, dass "meine Spieler über 90 Minuten ihre fußballerischen Qualitäten abgerufen haben."
Stimmen:
Trainer Hanspeter Latour (1. FC Köln): "Wir hatten uns viel vorgenommen, aber die Realität war von dem weit entfernt. Wir sind nicht an unser Leistungsvermögen herangekommen. Leverkusen war klar besser und hat verdient gewonnen. Zwischen beiden Mannschaften bestand ein großer Unterschied. Das war das schlechteste Spiel, seit ich hier Trainer bin."
Trainer Michael Skibbe (Bayer Leverkusen): "Ich bin froh, dass wir richtig guten Fußball gespielt haben. Wir haben über 90 Minuten unsere fußballerischen Qualitäten abgerufen. In der ersten Halbzeit waren wir mit unseren Torchancen zu nachlässig. Im zweiten Durchgang haben wir aber unsere Möglichkeiten genutzt. Wir waren engagiert und couragiert in den Zweikämpfen und haben schnell nach vorne gespielt."
Statistik:
Köln: Bade - Sinkiewicz, Alpay, Zivkovic - Scherz (71. Szabics), Grammozis, Cabanas, Lell - Streit, Podolski - Streller. Trainer: Latour
Leverkusen: Butt - Fritz, Nowotny, Juan - Barnetta (90. Athirson), Rolfes, Stenman - Schneider (87. Ramelow) - Freier, Berbatow, Woronin (82. Krzynowek). Trainer: Skibbe
Schiedsrichter: Kinhöfer (Herne)
Tore: 0:1 Berbatow (67.), 0:2 Woronin (70.), 0:3 Krzynowek (83. )
Zuschauer: 50.000 (ausverkauft)
Beste Spieler: Bade, Streit - Berbatow, Freier
Gelb-Rote Karte: Alpay wegen unsportlichen Verhaltens (77.)
Gelbe Karten: Zivkovic - Freier (4), Roque Junior (2) *
* Roque Junior sah die Gelbe Karte als Ersatzspieler