Reiner Calmund arbeitet derzeit täglich mit seinen Anwälten an einer offensiven Abwehrstrategie. Womöglich wird dazu auch eine Pressekonferenz am Freitag gehören, auf der der 57-Jährige ausführlich Stellung bezieht zu der Affäre um die Bargeldabhebungen vom Leverkusener Vereinskonto im Juni 2003 und den weiteren Weg der 580 000 Euro über den Spielervermittler Volker Graul (53) zur Erlangung von Optionen auf Spieler. „Wir wollen die Negativfront zurückdrängen. Reiner Calmund soll wieder völlig unbelastet seinem Tagesgeschäft nachgehen können“, sagt Calmunds Anwalt Stefan Seitz.
Das wird nicht ganz einfach, denn der Erklärungsbedarf der Öffentlichkeit für Spieler-Optionsgeschäfte mit Bargeld - dazu mit einem nicht von der Fifa lizenzierten Spieleragenten - trifft hier auf ein Branchen-Umfeld, in dem jeder solche Geschäftsgepflogenheiten kennt, aber niemand darüber spricht. Und so kann Reiner Calmund womöglich nicht viel Unterstützung erwarten von ehemaligen Geschäftspartnern - und er muss selbst Rücksichten nehmen.
Das ist die innere Sicht der Dinge. Um die von außen kümmert sich einstweilen noch die Kriminalpolizei in Bielefeld, die wegen Verdachts der Untreue ermittelt. Zwei Vernehmungen will Hauptkommissar Karl-Heinz Wallmeier von der Abteilung Wirtschaftskriminalität diese Woche noch vornehmen. Es handele sich dabei nicht um Graul und Calmund. „Die werden mir im Moment nicht viel erzählen. Das überlassen wir dann der Staatsanwaltschaft“, so Graul. Wallmeier hält die Kölner Strafverfolgungsbehörden für zuständig: „Der Haupt-Tatort ist für mich Leverkusen“ - dort wurde das Geld abgehoben.
Calmund-Anwalt Seitz betrachtet die Sache „auf der zivilrechtlichen Seite“ und will nachweisen, dass das besagte Geld sehr wohl für Spieleroptionen in Südosteuropa benutzt worden ist, die nicht gezogen wurden. Auch Bayer-04-Geschäftsführer Holzhäuser glaubte bislang, das Geld sei in Kroatien und Serbien versichert. Der Kriminalbeamte Wallmeier sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ dazu: „Das Geld ist nicht dort. Graul hatte die Rechte an den Optionen gar nicht.“
Falls dem so ist, steht die Frage im Raum, was der Berater denn sonst mit dem Geld anstellen sollte. In verschiedenen Zeitungen wurde über Spielbeeinflussung spekuliert, um Leverkusen im Abstiegskampf 2003 Vorteile zu verschaffen. „Dafür gibt es keine konkreten Anhaltspunkte“, sagt Wallmeier, der gestern auch Meldungen widersprach, wonach die Affäre durch eine anonyme Anzeige ausgelöst worden sei. Der Anzeigeerstatter sei bekannt, und die Anzeige stamme „nicht aus Leverkusen“ - was gegen die These spricht, wonach alte Calmund-Gegner im Klub die Sache angeschoben haben könnten.