Vor einer Woche, noch vor einer Vorab-Veröffentlichung des Spiegel in der "Bargeld-Affäre", hatte die Bayer 04 Fußball GmbH mit einer Presse-Erklärung reagiert, um zur Aufklärung beizutragen und zu bestätigen, dass man sich in Folge dubioser Zahlungen aus dem Jahr 2003 vom damaligen Geschäftsführer Reiner Calmund getrennt habe. Nach diesem Vorstoß, der vereinsintern umstritten ist, wird Bayer 04 nun mit Spielmanipulationen in Verbindung gebracht.
Erklärungen von Bayer-Seite bleiben jetzt aber aus. Der Bayer-Sportbeauftragte Meinolf Sprink: "Wir werden in diesem juristischen und zunehmend komplexeren Fall kein Statement mehr abgeben."
Währenddessen dementierte die Bielefelder Kriminalpolizei am Sonntag Medienberichte, wonach es Ermittlungen gäbe gegen den 2003 in Bielefeld unter Vertrag stehenden Ansgar Brinkmann, der angezeigt wurde, im Abstiegskampf der Saison 2002/03 gegen Bezahlung im Spiel gegen Leverkusen vom Platz geflogen zu sein. Die Arminia stieg damals ab, Bayer sicherte die Bundesliga-Zugehörigkeit.
Calmund nennt die Manipulations-Vorwürfe "rufschädigend und absurd". Der nicht lizenzierte Spielerberater Volker Graul, der damals aus Leverkusen mit "Transferanbahnungen" beauftragt worden war, ließ über seinen Anwalt erklären, er weise "jeden Vorwurf einer Manipulation zurück". Im Zusammenhang mit einer 580.000-Euro-Zahlung an Graul ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Calmund wegen des Verdachts der Untreue und gegen Graul wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue.
Am Wochenende wurde bekannt: Zu den acht Spielern, die Graul seinerzeit für Bayer gegen Geld "optionierte", zählten David Jarolim und Jacek Krzynowek - Spieler aus Nürnberg also, jenem Gegner, gegen den Leverkusen am letzten Spieltag den Klassenerhalt mit einem 1:0-Erfolg sicherte. Calmund wollte die Namen am Sonntag wegen "eines Ehrenkodexes weder bestätigen, noch dementieren", und sagte: "Ich habe kein Problem damit, wenn die Spieler und die Spiele von damals unter die Lupe genommen werden."
In dieser Woche wird es Gespräche zwischen Calmunds Anwälten und der Staatsanwaltschaft geben, der Ex-Manager ist bereit, alle Namen der Optionsgeschäfte zu nennen und betont, dass es damals keine Alleingänge von ihm gab: "Manager, Trainer, Sportdirektoren, Berater - alle saßen mit am Tisch." Neben der Frage, wohin die dubiosen Zahlungen flossen, geht es auch darum, ob Calmund bei der finanziellen Abwicklung von Bayer 04 im Stich gelassen wurde. Bereits am Freitag hatte Calmund erklärt, dass sich Bayer 04 nach seinem Ausscheiden an diverse Absprachen nicht gehalten habe und er aus eigener Tasche (350.000 Euro) die steuerlichen Nachteile für Graul ausglich. Zeugen dafür wollen sich der Staatsanwaltschaft erklären. Die Frage, ob bei seinem früheren Arbeitgeber Bayer 04 eine Kampagne gegen ihn laufe, beantwortet Calmund so: "Wenn man sieht, was jetzt alles kam, von der angeblich unehrenhaften Entlassung über Geldflüsse, Optionen, Darlehen und Manipulationsverdächtigungen, dann könnte man diesen Eindruck gewinnen."
Jean-Julien Beer