2. ¤ 580.000,00 an Herrn Graul und Optionen, die angeblich keiner kennt – Herr Calmund, in diesem Zusammenhang sind viele Fragen offen !?
• Zunächst die Frage, ¤ 580.000,00 für Optionen, von denen jedenfalls keine eingetreten ist – wer hat das zu verantworten? Hier gibt es in den Medien ja eine Art Verantwortungs-PingPong zwischen Herrn Calmund und Herrn Holzhäuser. Was ist davon zu halten?
RC: Ich fühle mich hierfür hundert Prozent verantwortlich, und zwar aus sportlicher Sicht. Herr Graul hat allein bis Juni 2003 fünf Optionen vermittelt, die sich jedoch alle zerschlagen haben, weil Lucio nicht wie erwartet nach Italien transferiert wurde. Am 28.06.2003 haben wir bekanntgegeben, daß Lucio nicht nach Italien wechselt. Ein 5-wöchiger-Vertragsmarathon war damit beendet.
• Die von Herrn Graul vermittelten Optionen betrafen welche Spieler?
RC: Die Namen der Spieler möchte ich nicht nennen. Ich möchte nicht wegen irgendwelcher anonymen Anzeigen oder unhaltbaren aus der Luft gegriffenen Vorwürfen die Vertraulichkeit zu den vermittelten Spielern und deren Beratern brechen. Man sollte es nicht glauben, aber auch in unserer Branche gibt es sowas wie einen Ehrenkodex. Anders als Helmut Kohl würde ich jedoch auf Empfehlung meines Rechtsanwalts dies bei der Staatsanwaltschaft tun, soweit dies für meine Entlastung erforderlich sein sollte. In diesem Fall würden das auch meine Geschäftspartner akzeptieren.
Ich kann heute nur soviel sagen: Von den zunächst fünf und dann später noch drei weiteren Spielern konnte ich mit fünf Spielern bzw. deren Beratern auf Deutsch direkt verhandeln. Bei diesen Spielern handelte es sich ausschließlich um ausländische Spieler. Höchstwahrscheinlich werden vier von den Spielern bei der WM 2006 in verschiedenen Nationalmannschaften dabei sein.
• Wie ging es nach der Bekanntgabe des Verbleibs von Lucio am 28.06.2003 weiter?
RC: Wir haben mit zwei namhaften Spielern bzw. deren Club und Beratern weiter verhandelt. Die Namen sind den Bayer-Verantwortlichen und mir bekannt. Ich spreche hier beispielsweise von Cheftrainer Klaus Augenthaler, Sportdirektor Jürgen Kohler und Sportmanager Ilja Kaenzig.
Des weiteren hat Herr Graul dann noch einen renommierten Finanzmakler Anfang Juni 2003 vermittelt, der uns ein Lucio-Leasing-Modell für ¤ 20 Mio. vorgestellt hat. Nach diesem Leasing-Modell sollte es uns möglich sein, trotz Verbleib von Lucio neue Spieler einkaufen zu können. Insbesondere Herr Holzhäuser fand dieses Angebot super. Im Aufsichtsrat wurde das Leasing-Modell letztlich aber abgelehnt, weil Spieler-Einkäufe nur stattfinden sollten bei Verkauf von Lucio.
Unabhängig davon möchte ich zum Schluß noch etwas grundsätzliches zu den Optionen sagen: Wenn man für 20 Top-Optionen Lob erhält, dann muß man auch bei zwei bis fünf schlechten Optionen die Schläge akzeptieren. Nur am Rande sei erwähnt, daß Bayer 04 auch aktuell diese Saison noch von Optionen profitiert, die wir abgeschlossen haben, wie z.B. Pogatetz (Österreich, EUR 2,0 bis 2,5 Mio.), Barnetta (Schweiz) u.a. Hierzu haben zu ca. 40% Herr Kaenzig, 40% Herr Voege und 20% meine Person bzw. die Scouts beigetragen.
• Ergänzend hierzu für die etwas außerhalb des Fußballgeschäfts Stehenden, wie z.B. mich, auch nochmal grundsätzliches zu den sog. Optionen:
Dr. Seitz: Wenn in der Fußballbranche über die Vermittlung von Optionen gesprochen wird, darf man sich, so habe ich gelernt, nicht juristisch an dem Begriff der sog. Option festbeißen, sonder darunter fallen insbesondere:
- Vollmachten mit Vertragskonditionen
- Vertragsanbahnungs- bzw. Kontaktherstellungsgeschäfte
- Generalvollmachten
- Juristisch verbindliche Optionen bzw. (unwiderufliche oder widerrufliche) Vertragsangebote
Im Fußballgeschäft wird das alles unter dem Oberbegriff Optionen gehandelt.
Und für die Vermittlung solcher Optionen erhalten die Spielerberater ihr Geld.
Zivilrechtlich liegt der Fall hier klar: Leistung zwischen Calmund und Graul vereinbart – Graul hat die Leistung durch die Vermittlung der fünf Optionen erbracht – Graul hat eine Rechnung gestellt – Rechnung wurde von Bayer 04 zzgl. Mehrwertsteuer bezahlt.
Was ist ungewöhnlich: Die Geschäfte wurden weitgehend auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen abgewickelt, und die Bezahlung ist in bar erfolgt. Dies ist für die Fußballbranche jedoch nicht untypisch. Im Fall Jens Nowotny hatten wir zuletzt auch Streß um mündliche Vereinbarungen. Im Ergebnis bleibt festzustellen, daß Herr Calmund dieses Verfahren über viele Jahre sehr erfolgreich praktiziert hat.
• Herr Calmund, noch ein Wort von Ihnen zu dem ungewöhnlichen „Finanzgebaren“ Optionen und Bargeld?
RC: Das ist nunmal bei vielen Spielergeschäften Usus. Bargeld lacht.
Beispiel, was nicht geklappt hat: Cacau erhielt ein unwiderrufliches Angebot gegen Bargeld und letztlich haben wir die Option auch nicht gezogen. Optionsabschluß vor Weihnachten, Entscheidung 31.03.03 durch Chef-Trainer von Bayer 04, der den Spieler letztendlich doch nicht wollte. Danach war der Spieler frei und wechselte zum 30.06.03 zum VFB Stuttgart.
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