25 Millionen Euro für negative Werbung?

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    Die Wendungen in der "Bargeld-Affäre" um Bayer Leverkusen reißen nicht ab. Die Staatsanwaltschaft Köln erklärte, dass der Auslöser aller Ermittlungen keine anonyme Anzeige war, sondern das Gespräch eines Spiegel-Reporters im Januar dieses Jahres mit der Kripo Bielefeld.


    Die Vorwürfe damals: Von Bayer-04-Konten seien 2003 insgesamt 580 000 Euro abgehoben und an Spielervermittler Volker Graul übergeben worden; dieses Geld sei zum Teil für Spielmanipulationen verwendet worden, auch der Name Ansgar Brinkmann fiel. Günther Feld, Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft: "Auf diesem Gespräch basieren die Ermittlungen. Es geht um den Hintergrund der Zahlungen." Der Name Brinkmann spielt dabei keine Rolle mehr, gegen Reiner Calmund wird wegen Untreue und gegen Graul wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt. Calmund will die Zahlungen aufklären.


    Merkwürdig: Derselbe Reporter war 2003 Autor einer Geschichte im Manager Magazin, in der enthüllt wurde, dass Leo Kirch rund 40 Millionen Mark zur Sicherung seiner TV-Rechte an Bayern München zahlte. Zu jenen Zeiten verfolgte Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser das Ziel, Nachfolger von DFL-Direktor Wilfried Straub zu werden. Damals ging man nicht nur im Umfeld des FC Bayern davon aus, dass die Informationen über jene Zahlung ihren Weg am Bayer-Kreuz entlang in das Magazin fanden - wie auch immer.


    In den letzten Tagen gewann Calmund den Eindruck, dass bei Bayer eine Kampagne gegen ihn läuft. Neben dem Informationsfluss über den Spiegel-Reporter ist irritierend, wie Calmunds früherer Bayer- 04-Terminkalender und die Einzelverbindungsnachweise seines Diensttelefons an Dritte gelangten. Holzhäuser will sich generell zu detaillierten Fragen nicht äußern: "Wenn Ermittlungen laufen, verbietet sich jeder Kommentar."


    Für Calmund sind die Konsequenzen klar: Er bricht mit dem Verein, den er nach 27-jähriger Tätigkeit mal als Lebenswerk betrachtete. Calmund: "Mit den Offiziellen dort werde ich nicht mehr sprechen. Mein gutes Verhältnis zu Mannschaft, Mitarbeitern und Fans bleibt unangetastet."


    Indes erfuhr der kicker von Seiten des Bayer-Konzerns, dass die Außendarstellung der Fußball-GmbH nach den Negativ-Schlagzeilen der vergangenen Monate intern zur Sprache kommt. Die Bayer AG investiert jährlich etwa 25 Millionen Euro in die "werbetreibende Tochter" - doch eine schlechtere Außendarstellung als Prozesse und Gerüchte um Spielmanipulationen kann man sich für dieses Geld kaum kaufen. Bei Holzhäuser scheinen diese Signale nicht angekommen zu sein. Er habe "volle Rückendeckung der Bayer AG", erklärt der Geschäftsführer, und: "Ich sehe das als notwendige Aufräumarbeiten. Es ist meine Aufgabe, unsere Geschäfte transparent und kaufmännisch einwandfrei zu gestalten. Wenn nötig, gehören juristische Auseinandersetzungen dazu." Holzhäuser bezweifelt nicht, dass Bayer 04 noch positive Werbung für den Konzern betreibt: "Die Bayer AG steht zu uns. In guten wie in schlechten Zeiten." Die guten freilich sind lange her.


    Jean-Julien Beer