18.03.2006
Bayer versinkt im Chaos
Von THOMAS GASSMANN und ALEXANDER HAUBRICHS
Leverkusen – Als auf dem Rasen gar nichts mehr lief, übernahmen die Bayer-Fans das Regiment. Erst forderten sie wütend den Rauswurf von Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser („Holzhäuser raus“). Dann feierten sie den Mann, mit dem sich Konzern und Fußball GmbH gerade eine bitterböse Fehde liefern: Ex-Manager Reiner Calmund („Du bist der beste Mann“).
Anschließend verhöhnten sie die Profis in den rot-schwarzen Trikots mit einer La-Ola und skandierten: „So ein Tag, so wunderschön wie heute.“
Bayer im Jahr 2006 – der einstige Vorzeigeklub versinkt im Chaos. Die 1:2-Pleite gegen den Abstiegskandidaten Mainz 05 ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Monaten schleichenden Verfalls.
Während sich die Klubführung außerhalb des Platzes eine böse Schlammschlacht mit Calmund liefert, droht nun auch der sportliche Gau. Der angepeilte UEFA-Cup-Platz ist nach dieser erbärmlichen Leistung, der zweiten Pleite in Folge, in höchster Gefahr.
„Kein Einsatz, kein Wille. So geht es nicht weiter“, polterte Mittelfeldspieler Paul Freier, „wenn wir so spielen, kommen wir noch in Abstiegsgefahr.“ Ex-Kapitän Jens Nowotny, schon früh mit einer schweren Knieprellung ausgewechselt, brachte es auf den Punkt: „Als hier mal Ruhe war und über Fußball geredet wurde, lief es. Jetzt ist das wieder anders.“
Wie eine Horde Schuljungen ließ sich das Bayer-Ensemble von den Mainzern vorführen. Mohamed Zidan düpierte nach Fehlern von Ahmed Madouni und Keeper Jörg Butt die hochgezüchteten Leverkusener und schoss Mainz mit einem Doppelschlag zum Sieg.
Bayers Sportchef Rudi Völler blieb bei dieser erbärmlich schlechten Leistung die Spucke weg. Wortlos marschierte er in die Kabine. Schweigen.
Schon gab es rund um die BayArena wilde Spekulationen. Völler droht der Konflikt zwischen Klub und seinem Freund Calmund zu zerreißen. Jetzt steht plötzlich das Worst-Case-Szenario im Raum: Wirft der entnervte Ex-Weltklassestürmer und Sympathieträger etwa hin?,,Als hier nur über Fußball geredet wurde, lief es. Jetzt ist das wieder anders."