Trainer Michael Skibbe beginnt an seinem seltsamen Team zu verzweifeln.
Leverkusen - Die mit Abstand beste Leistung eines Leverkusener Fußballprofis an diesem Arbeitstag vollbrachte Paul Freier nicht um 17.10 Uhr, als er mit der Schulter den Anschlusstreffer zum 1:2 gegen den FSV Mainz 05 erzielte, sondern exakt um 17.58 Uhr - also zu einem Zeitpunkt, als schon alles zu spät war. Da stand er im Kabinengang der BayArena und tat kund: „Wir haben heute als Mannschaft komplett versagt, für so einen Auftritt muss man sich schämen.“ Sagte es, schlich nach draußen und gesellte sich zu den Kollegen, die bereits zum Auslaufen und Lockern der - von was auch immer - müden Beine über den Platz schlurften. Sehr viel schneller als jetzt waren sie übrigens auch in den 90 Spielminuten zuvor nicht unterwegs gewesen . . .
Freiers ehrliches Bekenntnis hatte durchaus etwas Entwaffnendes. Und wenn Selbsterkenntnis tatsächlich der erste Schritt zur Besserung ist, dann brauchen die Sympathisanten dieser seltsamen Bayer-Mannschaft noch nicht zu verzagen. Michael Skibbe allerdings ist kurz davor, das zu tun. Wie schon so vielen seiner Vorgänger will es auch dem aktuellen Trainer nicht gelingen, diesem Ensemble überdurchschnittlich begabter Individualisten begreiflich zu machen, dass man in diesem Job viel mehr erreichen kann, wenn man als Team funktioniert und Fußball nicht nur als Spiel-, sondern zunächst einmal als Kampfsport versteht. „Deshalb bekommen wir immer dann Probleme, wenn wir auf Gegner treffen, die mit großer taktischer Disziplin in der Abwehr, mit Leidenschaft im Zweikampf und hoher Laufbereitschaft agieren“, konstatierte der bemitleidenswerte Coach.
Das hatte sich schon eine Woche zuvor in Bielefeld gezeigt, und das zeigte sich auch diesmal gegen das Mainzer Kollektiv, das keineswegs nur durch seine Abwehrarbeit bestach, sondern auch mutig und effizient nach vorne spielte. Besonders der quirlige Mohamed Zidan düpierte immer wieder Bayers Hintermannschaft, traf mit einem beherzten Schuss in den Winkel zum 1:0 (34.) und nutzte einen von Hans-Jörg Butt und Carsten Ramelow gemeinschaftlich begangenen, haarsträubenden Fehler zum 2:0 (64.), ehe Freiers Schultertor (85.) den Endstand herstellte.
Besagter Paul Freier schämte sich schließlich nicht nur, er hatte auch noch eine andere Botschaft: „Wir sollten jetzt erst mal aufhören, auf irgendwelche Platzierungen oben zu spekulieren, sonst geraten wir noch in Abstiegsgefahr.“