Interne Ermittlungen gegen Calmund schon 2004
Finanzaffäre zieht immer weitere Kreise
Von Johannes Nitschmann
Die Finanzaffäre um den Ex-Manager von Bayer Leverkusen, Reiner Calmund, weitet sich offenbar aus. Bereits im November 2004 soll der Fußball-Bundesligist interne Ermittlungen über angebliche Schwarzgeldkonten und -geschäfte von Calmund im Ausland angestellt haben.
In einem wdr.de bekannt gewordenen, handschriftlich verfassten Brief teilt der in Florida lebende Bayer-Mäzen Gerrit Niehaus seinem Freund Calmund am 10. November 2004 mit, Bayer 04 habe einen Anwalt in die USA geschickt. Der Wirtschaftsjurist einer Münchner Kanzlei habe fragwürdige Finanzbeziehungen von Calmund in Amerika auskundschaften sollen. Bei einem Gespräch am 8. November 2004 im Ritz-Carlton-Hotel in Naples (Florida) habe ihm der von Bayer beauftragte Anwalt "eine größere Geldsumme" angeboten, wenn er Angaben über Schwarzgeldzahlungen und Schwarzgeldkonten von Calmund mache, behauptet Niehaus.
Niehaus ist Sponsor und Ehrenmitglied des Leverkusener Fußball-Bundesligisten. Er will das Ansinnen des Anwalts entrüstet abgelehnt und das Gespräch nach etwa 15 Minuten beendet haben. Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer der Bayer 04 Fußball-GmbH, bestätigte am Wochenende auf Anfrage, dass der Bundesligist nach dem Ausscheiden von Calmund als Fußball-Manager im Sommer 2004 "aus sehr guten Gründen" einen Anwalt mit Erkundigungen über seinen ehemaligen Mitarbeiter beauftragt habe. "Es gab einige Dinge nachzuprüfen, die nur in den USA nachgeprüft werden konnten", sagte Holzhäuser. Über seine Erkenntnisse habe der von Bayer mandatierte Anwalt "ein Memorandum" verfasst. Dieses sei der Kölner Staatsanwaltschaft in diesen Tagen übergeben worden. Mit Blick auf die laufenden Strafermittlungen könne er derzeit keine konkreten Angaben zu dem Vorgang machen, erklärte der Bayer-Geschäftsführer.
Klage wegen Listen amerikanischer Telefongesellschaft
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt seit dem 8. März gegen Calmund und den Spielerberater Volker Graul wegen des Verdachts der Untreue "in einem besonders schweren Fall". Dabei geht es um den Verbleib von 580.000 Euro Bargeld aus der Bayer-Vereinskasse, die Calmund an Graul für sogenannte Kaufoptionen auf fünf ausländische Jung-Nationalspieler bezahlt haben will. Die Kriminalpolizei Bielefeld hatte bei ihren "Vorfeldermittlungen" festgestellt, dass die 580.000 Euro "definitiv nicht" für den behaupteten Zweck ausgegeben worden seien.
Zwischenzeitlich hat Bayer Leverkusen offenbar sämtliche Transfergeschäfte aus der Amtszeit seines ehemaligen Fußball-Managers Calmund von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG durchleuchten lassen. Dieser Prüfbericht ist ebenfalls der Staatsanwaltschaft übergeben worden.
Calmund hatte sich vor wenigen Tagen bei Beschäftigten der Bayer-Geschäftstelle darüber beklagt, dass der Fußballklub den Rechercheuren des "Spiegel" seine Terminkalender und die Telefonlisten seines Dienst-Handy zur Auswertung überlassen habe. Der damit von Bayer-Sportchef Rudi Völler konfrontierte Holzhäuser bestritt dies jedoch energisch. Holzhäuser soll erklärt haben, dem Hamburger Nachrichten-Magazin lägen Listen einer amerikanischen Telefongesellschaft über den Festnetzanschluss des in Florida lebenden Calmund-Freundes Niehaus vor. Daraufhin hat Niehaus vergangenen Freitag in Amerika und Deutschland Klage gegen den "Spiegel" auf Herausgabe der Telefonlisten sowie auf Unterlassung und Schadensersatz eingereicht.
Druck auf den WM-Botschafter
Nicht nur beim Bayer-Konzern, sondern auch als WM-Botschafter des Landes Nordrhein-Westfalen gerät Calmund aufgrund der gegen ihn laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zunehmend unter Druck. In der Düsseldorfer Landesregierung gibt es erkennbare Bemühungen, Calmund zu einem freiwilligen Rückzug von diesem öffentlichen Amt zu bewegen. "Der wird mehr und mehr zu einer Belastung für das Image des Landes und der Fußball-WM", sagte ein Kabinettsmitglied. Doch einen freiwilligen Rückzug als WM-Botschafter lehnt Calmund offenkundig hartnäckig ab. "Das mache ich nicht. Ich habe keinen Dreck am Stecken", erklärte er einem leitenden Mitarbeiter des NRW-Sportministeriums.