VON CHRISTIANE MITATSELIS UND CHRISTIAN OEYNHAUSEN, 21.03.06, 22:19h
Köln/Düsseldorf - Reiner Calmund mühte sich sehr, die rheinische Frohnatur zu geben. Doch es gelang ihm nur begrenzt. Wenig schwungvoll waren seine Reden. Angespannt wirkte der 57-Jährige, als er am Montagabend in Düsseldorf als Mitglied des WM-Teams des Kölner Senders RTL vorgestellt wurde. Für seine Verhältnisse sah Calmund fast ein bisschen schmal aus. „Ich bin froh, dass ich hier mal ein bisschen positiv abgelenkt werde“, sagte Calmund - und weiter: „Ich muss damit leben. Wir leben in einer Neidgesellschaft. Aber ich bin sehr traurig, deprimiert und frustriert.“
Konkrete Statements zu der Finanzaffäre wollte der ehemalige Manager von Bayer 04 Leverkusen nicht abgeben. Er sagte nur: „Ich hoffe, dass meine Anwälte das in zwei Wochen geklärt haben werden.“ Verärgert zeigte sich Calmund über einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, die gemeldet hatte, Calmund erhalte für das vermeintliche Ehrenamt WM-Botschafter von der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen eine jährliche Aufwandspauschale in Höhe von 56 000 Euro. „Das stimmt nicht. Ich mache das ehrenamtlich“, sagte Calmund. „Ich kann nur ein paar Spesen abrechnen. Aber damit sind noch nicht mal meine Kosten gedeckt.“ Calmund weiter: „Die Neidkomponente ist groß in unserem Land.“
Dass Neidgefühle auch eine Rolle spielen in der turbulenten Auseinandersetzung zwischen Calmunds Ex-Klub und dessen ehemaligem Macher, kann man bisher nur vermuten. Die diplomatischen Beziehungen sind jedenfalls seit ein paar Tagen öffentlich für abgebrochen erklärt. Hinter den Kulissen herrscht schon länger Eiszeit. Calmund wusste seit November 2004, dass ein Anwalt im Bayer-Auftrag bei Bayer-Ehrenmitglied Gerrit Niehaus in Florida aufgetaucht war, um - so Bayer 04-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, „einige Dinge nachzuprüfen,die nur in den USA nachgeprüft werden konnten“. Calmunds Anwalt ist empört: „Es ist schon schlimm genug, dass ein Anwalt Herrn Calmund in den USA hinterherspioniert. Aber dass er nach Aussage von Herrn Niehaus auch noch Geld für negative Aussagen über Calmund bietet, ist unfassbar“, sagt Stefan Seitz.
Noch unfassbarer ist, wie beide Seiten sich 2006 in einem Prozess um die Anrechnung von Calmunds Einkünften auf die Bayer-Direktorenpension gegenüberstehen konnten, ohne das die jetzt bekannten Hintergründe thematisiert wurden. In der eigentlichen Sache, den Ermittlungen wegen Untreue, rechnet Seitz erst in der kommenden Woche mit Calmunds Vernehmung vor dem Staatsanwalt. Dort werde dieser alle Fragen im Zusammenhang mit dem Verbleib der 580 000 Euro beantworten, so Seitz. „Wir werden die Namen aller Spieler nennen, für die Herr Graul Optionen vermittelt hat, und wir können dies mit Zeugen und Unterlagen belegen.“