Frankfurt/Main - Dementis der Calmund-Anwälte, Irritationen beim 1. FC Nürnberg sowie 1860 München und Vorsorgemaßnahmen des Weltverbandes Fifa für eine "saubere" WM in Deutschland:
Die Vorwürfe im neuerlichen Manipulationskandal haben nun auch die Bundesliga erreicht und am Wochenende für mächtig Wirbel gesorgt.
Mit seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft in Köln will der frühere Leverkusener Manager Reiner Calmund in dieser Woche die Spekulationen um angebliche Manipulationen in der Spielzeit 2002/2003 aber endgültig beenden und auch den Vorwurf der "Untreue" vom Tisch wischen.
"Das wird ein Befreiungsschlag"
"Ich bin erleichtert, wenn ich nächste Woche bei der Staatsanwaltschaft aussagen kann. Das wird ein Befreiungsschlag", sagte Calmund der "Bild am Sonntag".
Staatsanwalt Günther Feld sieht jedoch Gründe, den Manipulationsvorwürfen gegen den einstigen Manager nachzugehen: "Anfangs waren es Gerüchte, jetzt hat das alles etwas mehr Substanz bekommen. Das sind nach unserer ersten Bewertung mehr als Gerüchte, mehr als Gerede."
Es geht um 580.000 Euro
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Calmund und Spielerberater Volker Graul seit einigen Wochen wegen des Verdachts der Untreue. Im April 2004 hatten Calmund und ein Mitarbeiter drei Schecks über insgesamt 580.000 Euro ausgestellt und das Geld an den Spielervermittler gezahlt.
Graul hatte dem Klub dafür zehn Monate später eine Rechnung für die "Vermittlung einer Kaufoption" an zwei Spielern zugesandt. Belege zu dieser angeblichen Kaufoption finden sich allerdings offenbar nicht.
Drei Spiele sollen untersucht werden
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet nun in seiner Ausgabe am Montag, dass Bayer-Anwalt Walther Graf den früheren Manager bei der Staatsanwaltschaft in Köln belastet haben soll.
Angeblich soll das Ergebnis der Partie Leverkusen gegen 1860 München vom 17. Mai 2003 (3:0) `nicht durch sportlichen Wettkampf, sondern durch Zuwendungen an Sportler bestimmt worden" sein.
Bayer brauchte damals unbedingt einen Sieg, um nicht abzusteigen. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung werden auch die Spiele Leverkusen - Bielefeld (3:1) und Nürnberg - Leverkusen (0:1) aus der Spielzeit 2002/2003 untersucht.
Verwicklungen seien "absurd"
Graf soll gegenüber der Staatsanwaltschaft erläutert haben, dass Graul Calmund angesprochen und 580.000 Euro für seine "Hilfe" verlangt habe.
500.000 Euro sollen an Spieler der "Löwen" weitergeflossen sein. Das "Westfalen-Blatt" berichtet in seiner Wochenend-Ausgabe, dass Calmund im Mai 2004 erneut versucht habe, 812.000 Euro an Graul zu überweisen.
Die Überweisung kam aber offenbar nie zustande, da die nötige zweite Unterschrift eines Bayer-Verantwortlichen fehlte. Die Calmund-Anwälte dementierten am Wochenende allerdings jegliche Verwicklung ihres Mandanten in Manipulationsvorgänge und bezeichneten die Vorwürfe des Magazins als "absurd".
Spekulationen un den 1. FC Nürnberg
Während im Westen offenbar Bayer Leverkusen im Zentrum der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen steht, sind im Süden Spekulationen um Bundesligist 1. FC Nürnberg und Zweitligist 1860 München hochgekocht.
Das Nachrichtenmagazin "Focus" hatte berichtet, dass neben dem Eröffnungsspiel der Münchner Allianz Arena am 30. Mai 2005 zwischen 1860 und Nürnberg (3:2) auch drei Erstliga-Spiele der laufenden Saison mit Beteiligung der Franken manipuliert gewesen sein sollen.
Angeblich handelt es sich um die Hinrunden-Begegnungen VfL Wolfsburg gegen Nürnberg (1:1), Werder Bremen gegen Nürnberg (6:2) und Nürnberg gegen Arminia Bielefeld (2:3).
Club will sich informieren
"Ich halte es für völlig irrsinnig anzunehmen, dass Fußballer absichtlich ihre eigenen Spiele verschieben", sagte Nürnbergs Trainer Hans Meyer.
Sportdirektor Martin Bader will sich zunächst am Montag bei der Staatsanwaltschaft Informationen einholen: "Uns liegen keinerlei Erkenntnisse vor, dass die Staatsanwaltschaft gegen uns ermittelt - nicht mal ansatzweise. Wir werden am Montag mit unserem Anwalt bei der Staatsanwaltschaft vorstellig werden, um der Sache auf den Grund zu gehen."
Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein
1860-Geschäftsführer Detlef Romeiko erklärte: "Wir gehen davon aus, dass unsere Spieler nicht manipuliert und auch kein Geld genommen haben. Sollten sich jedoch Verdachtsmomente ergeben, werden wir dazu beitragen, alles rückhaltlos auzuklären."
Dem "Focus"-Bericht zufolge hat die Staatsanwaltschaft München I bereits Ermittlungen gegen drei Beschuldigte eingeleitet. Das Trio soll auf den von ihnen vorab organisierten Spielausgang gewettet haben. Sie sollen im Verdacht des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs stehen.
Keine "konkreten Hinweise"
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat laut Mediendirektor Harald Stenger noch keine "konkreten Hinweise auf Spielmanipulationen". Der Weltverband Fifa hat unterdessen auf die immer neuen Wett-Affären im internationalen Fußball reagiert und wird bei der WM in Deutschland ein Frühwarnsystem einrichten.
"Wir gehen davon aus, dass die Vorfälle in Deutschland eine Ausnahme waren, aber wir haben die notwendigen Maßnahmen getroffen, dass so etwas bei der WM nicht vorkommt", sagte Fifa-Generalsekretär Urs Linsi.