Staatsanwalt sieht Reiner Calmund nach der Vernehmung noch nicht entlastet und setzt seine Ermittlungen fort
von Björn Lindert
Reiner Calmund redet gern und viel. Die siebenstündige Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft Köln am Montag hatte er aber auch gestern noch nicht ganz verdaut. Nervös wie beim Champions-League-Finale sei er gewesen, sagte der Ex-Manager von Bayer Leverkusen. "Außerdem gab nur eine 30minütige Mittagspause, mit Käse- und Schinkenbrötchen und einem Schokoriegel. Dabei sagt meine Frau immer, ich soll keine Schokolade essen."
Calmund erweckt den Eindruck, daß mit der Befragung die Verdachtsmomente, er habe Spiele manipuliert, restlos ausgeräumt seinen. Als "Befreiungsschlag" bezeichnete er seine Einlassungen. "Wir konnten zu allen Vorwürfen, unter anderem den Untreuevorwürfen Stellung nehmen. Und die Manipulationsvorwürfe konnten aus unserer Sicht nachhaltig entkräftet werden", ergänzte Anwalt Stefan Seitz.
Das sieht die Staatsanwaltschaft anders. "So schnell wollen wir das nicht werten", sagt Sprecher Günther Feld. "Wir werden jetzt alles in Ruhe prüfen und dann sehen, wer hier wen befreit hat." Die Ermittler müssen jetzt die vielen von Calmund vorgelegten Dokumente prüfen und vermutlich auch noch Zeugen vernehmen. Calmund hat nämlich die Namen genannt, für deren Kaufoptionen der Spielervermittler Volker Graul die angeblich veruntreuten 580 000 Euro bekommen habe. Offiziell sagt Seitz nur so viel: "Dabei handelt es sich um serbische und kroatische Spitzenspieler."
Dubios bleibt, warum dieser Geldfluß nicht schon vor zwei Jahren geklärt wurde, als sich Bayer Leverkusen unter anderem wegen fehlender Belege über den Verbleib dieser Summe von Calmund getrennt hatte. Der Verdacht, daß das Geld vielleicht doch für manipulierte Spiele im Abstiegskampf im Mai 2003 verwendet worden sein könnte ist laut Staatsanwaltschaftssprecher Feld nicht vom Tisch. "Es gibt Hinweise, daß Spiele oder ein Spiel manipuliert worden sein könnten, das sind Hinweise aus einem Schriftstück aus dem Bereich Bayer Leverkusen."
Dieses Schreiben ist von Bayer-Anwalt Walther Graf in Auftrag des Klubs verfaßt worden. Laut Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser auf Bitte der Staatsanwaltschaft Köln. In einer Pressemitteilung forderten die Anwälte von Calmund nun, daß "Bayer 04 die Legende der Spielmanipulation mit der gleichen Klarheit wie Herr Calmund in der Öffentlichkeit zurückweist." "In dem Bericht von Herrn Graf ist festgehalten, daß Reiner Calmund mehrfach während einer Befragung von einer möglichen Manipulation der Paarung Bayer Leverkusen gegen 1860 München im Mai 2003 gesprochen hat. Mit anderen Worten: Herr Calmund hat diese Behauptungen aufgestellt, nicht Bayer Leverkusen", sagte Holzhäuser der WELT.
Ob es sich dabei um wie von Holzhäuser vermutet Schutzbehauptungen handelt, muß die Staatsanwaltschaft klären. Sprecher Feld sagt: "Daß es vielleicht sogar noch Monate dauert, will ich mal nicht hoffen, auch wegen der anstehenden Weltmeisterschaft, aber ausschließen kann man es nicht."