Spurensuche von Leverkusen bis Brasilien
VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN, 02.04.06, 22:47h
Leverkusens Fans wenden sich von Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser ab.
Leverkusen / Köln - Mit „Holzhäuserraus“ nach jedem Tor der eigenen Mannschaft haben die Fans von Bayer 04 Leverkusen am Samstag auf die neusten Entwicklungen in der Finanzaffäre um Ex-Manager Reiner Calmund reagiert. Offenbar werfen Teile der Anhängerschaft dem 56-jährigen Geschäftsführer vor, die Demontage des Vereins-Denkmals Calmund zu betreiben. „Das ist schlimm für Holzi, und es hat mich traurig gemacht. Er hat die Sache weder angeschoben noch auf den Weg gebracht“, sagte der Bayer-Sportbeauftragte Meinolf Sprink.
Die Partie gegen Kaiserslautern am Samstag war bereits das fünfte Bayer-04-Spiel in Folge, das von der Affäre überschattet wurde. „Die Ermittlungen dauern an. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, ist derzeit nicht absehbar“, sagte Oberstaatsanwalt Günther Feld am Sonntag. Es seien noch zahlreiche Vernehmungen nötig.
Während die Ermittlungen in Sachen Spielmanipulation offenbar ins Leere gelaufen sind, wird weiterhin der Vorwurf der schweren Untreue untersucht. Am Samstag hatte Felds Kölner Kollege Jürgen Kapischke erklärt, es gebe „bislang keine Hinweise“, dass Calmund in die eigene Tasche gewirtschaftet habe. Allerdings hat auch Holzhäuser stets ausgeschlossen, dass sich Calmund persönlich bereichert haben könnte. Dennoch könnte der Tatbestand der Untreue erfüllt sein. Dafür ist, juristisch gesehen, das Eintreten eines Vermögensschadens maßgeblich, nicht eine beabsichtigte oder tatsächlich erfolgte Bereicherung. Calmund hat dem Spielervermittler Volker Graul, 580 000 Euro in bar übergeben. Graul will damit Optionen auf Spieler gekauft haben. Dafür liegen Leverkusen aber bisher keine Belege vor. Grauls Anwalt Veit Wirth behauptet allerdings, es habe Belege gegeben. Holzhäuser habe diese vernichtet, weil er sie als buchhalterisch nutzlos eingestuft habe. Holzhäuser nannte das „absurd“
Auch Holzhäuser selbst hat offenbar Optionsgeschäfte gemacht. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Focus“ in seiner heute erscheinenden Ausgabe. Demnach hat Holzhäuser dem Kölner Spielervermittler Michael Ruhnau im Januar 2003 145 000 Euro für eine Option auf den Brasilianer Cacau gezahlt. Der damals für dem 1. FC Nürnberg spielende Profi wechselte später nach Stuttgart. Das Options-Geschäft sei bestens dokumentiert, heißt es dazu aus Leverkusen - im Gegensatz zu den fünf Graul-Optionen, jedenfalls nach Leverkusener Darstellung.
Mittlerweile werden auch andere Transferaktivitäten Calmunds noch einmal untersucht. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Samstag berichtete, gab es im Zusammenhang mit Brasilien-Geschäften Fragen an Calmund. Der Manager soll seinem damaligen Kollegen Holzhäuser im Sommer 2003 undurchsichtige Provisions-Rechnungen uruguayischen Spielervermittlers Juan Figer (68) vorgelegt haben, schreibt der „Spiegel“. Dabei sei es um die Wechsel der Spieler Zé Roberto, Juan und Robson Ponte gegangen. Allerdings war Zé Roberto schon ein Jahr zuvor aus Leverkusen zu Bayern München gegangen. Juan hatte bereits eine Saison in Leverkusen gespielt. Robson Ponte war zur Saison 1999 / 2000 nach Leverkusen gekommen. Von 2001 bis 2003 war der Brasilien an den VfL Wolfsburg ausgeliehen. Vor der laufenden Saison wechselte Ponte nach Japan.
Nachdem Holzhäuser Bedenken wegen der Rechnungen geäußert hatte, seien diese von der Geschäftsstelle wieder verschwunden, heißt es in dem Papier, dass Bayer-Anwalt Walther Graf der Staatsanwaltschaft übergab. Calmund hat sich zu dem Thema nach Auskunft seines Anwalts Stefan Seitz bereits am vergangenen Montag in seiner Vernehmung eingelassen.
(KStA)