Nowotny kassiert 4,7 Millionen Euro für Vertragsauflösung

  • Leverkusens Sportchef Völler ist enttäuscht von dem Abwehrspieler: "Die Geschichte hat sich endgültig erledigt"


    von Björn Lindert

    Es gab Zeiten, da war der Abwehrchef mit der guten Übersicht der Vorzeigeprofi von Bayer Leverkusen. Ein Spieler mit Übersicht und Weitblick, der sich auch von seinen vielen Knieverletzungen nie unterkriegen ließ. Zuletzt war er für viele Fans nur noch der Abzocker, dem das Geld mehr bedeutet als der Verein.


    Jens Nowotny hat in seiner Zeit bei Bayer polarisiert. In sechs Wochen geht die Zusammenarbeit mit seinen Arbeitgeber zu Ende. "Die Geschichte hat sich endgültig erledigt, er wird Bayer am Saisonende verlassen", verkündete Sportchef Rudi Völler gestern mit ernster Mine.


    Zunächst hatten beide Seiten noch Gesprächsbereitschaft über eine Neustrukturierung und Fortführung der Zusammenarbeit signalisiert. Aber nachdem Völler eine Nacht über die via Medien von Nowotny verkündete Vertragskündigung geschlafen hatte, revidierte er deutlich seine Gesprächsbereitschaft: "Ich bin enttäuscht über die Vorgehensweise, wir hatten gehofft, daß er zuerst mit uns spricht. Dann wäre das eine andere Situation gewesen."


    Nowotny hatte am Dienstag fristgerecht das Vertragsverhältnis zum 30. Juni 2006 gekündigt. Denn für den 45maligen Nationalspieler ist die Auflösungsvereinbarung so etwas wie ein Sechser im Lotto. Aufgrund eines Vertrages, der selbst bei loyalen Angestellten in der Geschäftsstelle von Bayer Leverkusen Kopfschütteln auslöst, erhält der 32jährige im Sommer 4,77 Millionen Euro. Und das, obwohl er nie mehr für Leverkusen auflaufen wird.


    Ursprünglich lief Nowotnys Vertrag bis Sommer 2008, bei einem Monatsgehalt von etwa 230 000 Euro. Nach zwei Klagen gegen seinen Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall länger als die üblichen sechs Wochen und wegen der Versteuerung eines zehn Millionen Euro umfassenden Handgelds für die Vertragsverlängerung im Jahr 2002 war Nowotny im Herbst vergangenen Jahres vorläufig vom Spielbetrieb suspendiert worden. Die plötzliche Aufhebung der Sanktion kam dann am 23. Dezember 2005. Nowotny sagt dazu heute: "Wir haben uns da geeinigt, einen Kompromiß gefunden."


    Nowotny zog daraufhin die Klagen zurück, der Ex-Kapitän durfte wieder spielen. Dafür wurde allerdings die Vertragslaufzeit verkürzt. Zunächst schien es zumindest nach außen so, als hätten beide Seiten von der Einigung im Dezember profitiert. Denn die imageschädigenden Prozesse vor Gericht hatten ein Ende. Der Verteidiger wurde auch nach seinem vierten Kreuzbandriß wieder zu einer echten Verstärkung für Bayer 04. Und Nowotny hatte die Gelegenheit, sich für die Nationalmannschaft und aufgrund der personellen Probleme von Bundestrainer Jürgen Klinsmann in der Abwehr möglicherweise sogar für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft zu empfehlen.


    Mittlerweile ist klar, daß die Vorteile in den umfangreichen Vereinbarungen der Vertragsauflösung fast ausschließlich auf Seiten von Nowotny liegen. Denn mit den 4,77 Millionen Euro werden ihm seine letzten beiden Vertragsjahre ausgezahlt, ohne daß der Verein dafür eine Gegenleistung bekommt. Darüber hinaus kann Nowotny im Sommer ablösefrei wechseln. Dementsprechend dürfte er bei einem neuen Verein wieder ein Handgeld kassieren. Bayer Leverkusen spart durch die Auflösung des alten Vertrages lediglich Zinsen, Sozialabgaben und eine Invaliditätsversicherung für Nowotny.


    Obwohl der Klub im Herbst vorigen Jahres beide Prozesse gegen Nowotny in der ersten Instanz gewonnen hatte, ging der Verein auf diesen nur schwer nachvollziehbaren Kompromiß ein. Ruhe im Umfeld war das oberste Gebot, dem Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser die Verhandlungen untergeordnet hatte. Dazu sah er den Verein offensichtlich arbeitsrechtlich in der Defensive und glaubte wohl nicht daran, daß Nowotny nach seinem vierten Kreuzbandriß ein derart gutes Comeback gelingen würde. "Das sind alles Aufräumarbeiten", sagt Holzhäuser, wenn er auf die Vertragsauflösung mit Nowotny angesprochen wird.


    Damit gemeint ist die Anpassung der hochdotierten Verträge einiger Spieler, die aus der Zeit von Ex-Manager Reiner Calmund datieren, mit dem er sich mittlerweile juristisch auseinandersetzt. Die kostspielige Abfindungsvereinbarung mit Nowotny muß Holzhäuser den Konzernbossen von Bayer erklären.


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