Dimitar Berbatow überzeugt in Dortmund, trifft und hat deshalb vor seinem wahrscheinlichen Ausstieg bei Bayer 04 noch Chancen auf den Titel des Torschützenkönigs.
Einen der vielen Raun-Ausbrüche im fast vollbesetzten Stadion hat Dimitar Berbatow schon 120 Sekunden nach dem Anpfiff provoziert. Wie sollen 73 800 Menschen auch anders auf einen für die allermeisten von ihnen sogar ortsfremden Fußballer reagieren, der einen von weit her auf ihn geschlagenen Ball mit einem Fußwink am Gelenk kleben lässt, auf das Spielgerät springt und sich darauf auch noch so dreht, dass er sich lässig an diversen Gegenspielern vorbei bewegt und dann plötzlich frei vor dem Torwart steht? In dieser Situation war Dimitar Berbatow, 25, aus Blagoevgrad in Bulgarien noch gnädig, in Führung geschossen hat er Bayer 04 Leverkusen erst 20 Minuten später. Berbatows Auftritt war in der ersten Stunde des Spiels bei Borussia Dortmund perfekt, kreativ und originell, der Stürmer war somit der wohl wichtigste Grund für einen letztlich erspielten Leverkusener 2:1(1:1)-Erfolg bei Borussia Dortmund.
Leverkusens Sportchef Rudi Völler war am Samstag ein begeisterter Beobachter seines Angreifers, nach dem Spiel gefiel er sich als Lobredner: „Dimitar macht Dinge mit dem Ball am Fuß, die viele andere nicht mal mit der Hand können.“ Die letzten 30 Minuten hat Berbatow allerdings ein bisschen nachgelassen, zu diesem Zeitpunkt stand es bereits 2:1, nachdem Markus Brzenska (27.) ausgeglichen und Paul Freier Bayers Siegtreffer erzielt hatte (50.). Im Mittelpunkt standen nach Berbatows geordnetem Leistungs-Rückzug die defensiv orientierten Spieler. In Gefahr gerieten sie nicht mehr, weil sie einerseits klug verteidigten, Dortmund andererseits unklug angriff; der dritte Bayer-Erfolg in Serie klingt auch deshalb knapper, als er aussah.
Berbatow der Beste von allen - das hatte es zuletzt recht häufig gegeben im Team von Bayer 04. Begründung laut Berbatow: „Ich trainiere gut, also spiele ich auch gut.“ Zehnmal hat der Torjäger in den letzten zehn Spielen für seinen Klub getroffen, ihm fehlen mit nun 16 Treffern nur noch vier Törchen zu Platz eins der Torschützenliste, er sagt: „Wenn ich nun bis zum Saisonende jedes Mal treffe, dann kann es klappen. Aber es wird schwer.“ Es wäre eine prima Auszeichnung zum womöglich drohenden Abschied.
Berbatow wird von diversen englischen Klub beobachtet, der FC Arsenal soll einer von ihnen sein. Und der bulgarische Nationalspieler ist an einem Transfer nach England oder Spanien oder Italien natürlich sehr interessiert, vielleicht ist diese Wechselwilligkeit ja sogar ein Motiv für Berbatows famose Leistungssteigerung im Frühjahr. Vom Interesse vieler anderer weiß auch Michael Skibbe, der Bayer-Trainer hofft trotzdem noch darauf, „dass der Dimitar bei uns bleibt und uns beim Aufbau einer neuen Mannschaft hilft. Denn es ist toll für einen Trainer, einen solchen Spieler im Team zu haben. Aber ich weiß natürlich auch, dass er in dieser Form viele europäische Topklubs auf sich aufmerksam macht.“
Berbatow ist gleichwohl nicht die einzige problematische Personalie, den Klub verlassen definitiv zwei Stammspieler, die Skibbe als „Abwehrsäulen“ bezeichnet. Rechtsverteidiger Clemens Fritz wechselt nach Bremen, der auch in Dortmund überzeugende Innenverteidiger Jens Nowotny sucht noch einen neuen Klub, nachdem ihm in der vergangenen Woche von Völler mitgeteilt wurde, dass Bayer 04 ohne ihn plant. Skibbe schließt Nowotnys Weiterverpflichtung aus eben diesem Grund aus: „Der Rudi hat das entschieden, es ist gut, dass er als Sportchef auch mal auf den Tisch haut.“
Noch aber werde Nowotny „alles für uns tun, da bin ich ganz sicher“, sagt Skibbe. Und zu tun ist ja noch genug: Bayer nimmt weiter Kurs auf Platz fünf, zu dem der Mannschaft auf Rang sechs noch zwei Punkte fehlen. Der allgemeine Platz-fünf-Enthusiasmus seiner Entourage nervt Skibbe allerdings schon, weil er weiß: „Platz sechs reicht für den UI-Cup, und wenn man sich da ordentlich präsentiert, ist man auch schon in einer Uefa-Cup-Vorrunde. Das ist also auch eine Option.“
Aber bis dahin, warnt Skibbe, müsse man weiter konzentriert arbeiten, denn: „Auch Sechster sind wir noch lange nicht.“