Der flotte Otto in der Spielwaren-Abteilung

  • Der Fußball ist ein Sündenpfuhl: In ihren Calmund-Ermittlungen bekommt die Kölner Staatsanwaltschaft einen Einblick, was in der Fußball-Branche alles üblich ist.

    Von Johannes Nitschmann

    Als Reiner Calmund am 20. März dieses Jahres bei der Kölner Staatsanwaltschaft erscheint, eröffnet er seine Aussage um 10.07 Uhr mit einem überraschenden Bekenntnis.
    Er sei "dabei gewesen", als der Spielerberater Volker Graul seinerzeit 380.000 Euro in bar an den Mann gebracht habe. Dann wird der Beschuldigte Calmund seltsam einsilbig. Die Umstände der Geldübergabe bleiben düster und dubios.
    Bei dem Empfänger des Geldes handelt es sich offenbar um einen berüchtigten Spieleragenten.
    Dieser Fußball-Pate kontrolliert Andeutungen zufolge nicht nur die Ausland-Transfers auf dem Balkan, sondern auch Teile des Hamburger Nachtlebens.
    Weshalb der Spielerberater Graul, der sich früher als Stürmer bei Arminia Bielefeld im Strafraum heimisch fühlte, auf Calmund vor dem Hamburger Treffen einen ungewöhnlich "nervösen und eingeschüchterten" Eindruck gemacht hat. Mit dem Namen des mysteriösen Mister X rückt Calmund während seiner siebenstündigen Vernehmung nicht heraus. "Wegen Wahrung meiner persönlichen Interessen", gibt der 57-Jährige kryptisch zu Protokoll.


    380.000 Euro für Mister X


    Fürchtet Calmund die Fußball-Mafia mehr als den Staatsanwalt? In der Affäre um den ehemaligen Fußball-Manager tun sich immer neue Abgründe auf. Seit 8.März dieses Jahres ermittelt der Kölner Staatsanwalt Norbert Reifferscheidt gegen Calmund und Graul wegen des Verdachts der Untreue "in einem besonders schweren Fall".
    Zwischen dem 3. und 17. Juni 2003 hatte Calmund bei der Sparkasse Leverkusen drei Barschecks im Gesamtwert von 580000 Euro eingelöst. Das gesamte Bargeld will er dem Spielerberater Graul gegeben haben, neben den 380000 für Mister X soll Graul auch die verbleibenden 200000 für Optionen bezahlt haben. "Ich habe mich auf seine Erklärungen und sein Wort verlassen", sagte Calmund dem Staatsanwalt.


    Graul will für das Geld Vorkaufsrechte (Optionen) an fünf serbischen und kroatischen Jung-Nationalspielern erworben haben. Zwar bekam Bayer 04 zehn Monate nach der Bargeldtransaktion, am 22. April 2004, eine Rechnung von Graul für die "Vermittlung einer Kaufoption". Doch Vertragsdokumente über die erworbenen Vorkaufsrechte will die Bayer-Führung nie bekommen haben.
    Immerhin soll Klaus Beck, der Vorsitzende des Gesellschafterausschusses bei Bayer 04 Leverkusen, gewusst haben, in welchem Milieu sein Manager Calmund Fußballgeschäfte machte. Bei einem Mallorca-Aufenthalt im Jahre 2003 will Graul den Fußballboss von Bayer mit jenem Mister X bekannt gemacht haben, der für Leverkusen potenzielle Spieler auf dem Balkan geblockt haben soll.


    "Der hat nicht mal nachgezählt"


    Es ist jener geheimnisvolle Mann, der am 17. Juni 2003 von Graul im Beisein Calmunds in einem Hamburger Lokal "ein Mäppchen" mit Geldscheinen im Wert von 380.000 Euro zugeschoben bekam. Calmund wunderte sich über den Vertrauensvorschuss des Spieleragenten: "Der hat nicht mal nachgezählt."
    Auch Bayer-Fußballchef Beck muss auf Mallorca schnell das Vertrauen des ominösen Balkan-Maklers gefunden haben. Erst scherzten die Herren über die kräftigen Bodyguards, die Mister X stets im Gefolge hatte. Dann sollen sie schon bald in einem Boot gesessen haben. Bei einem Yachtausflug habe er sogar Fotos geschossen, auf denen Beck mit dem geheimnisvollen Spieleragenten zu sehen sei, berichtete Graul seinen Anwälten.


    Bayer 04 schweigt zu diesen Vorgängen. Da Herr Beck in dem Strafermittlungsverfahren gegen Calmund und Graul "als Zeuge in Betracht kommt", könne er entsprechende Fragen zu den angeblichen Mallorca-Treffen "derzeit nicht beantworten", teilte der für Bayer tätige Strafrechtler Walther Graf der SZ auf Anfrage mit.
    Doch selbst wenn die Bayer-Führung über Calmunds fragwürdige Optionsgeschäfte auf dem Balkan im Bilde war, wäre dieser bei der Staatsanwaltschaft noch längst nicht aus dem Schneider. Auf dem am 17. Juni 2003 eingelösten Barscheck über die 380000 Euro sind als Verwendungszweck nicht etwa Optionsgeschäfte vermerkt, sondern "Vorauszahlung J. Figer Transfers 03/04".
    Nun war Juan Figer zwar – nach allem, was man bisher weiß – nicht der Empfänger der 380.000 Euro, das Auftauchen seines Namens in dieser Affäre ist aber durchaus interessant. Der Name Figer ist auf einem Bayer-Scheck nichts Ungewöhnliches, es gibt den Verdacht, dass er in diesem Fall zur Tarnung benutzt worden sein könnte. Mit dem 71-jährigen Spielervermittler, der in Uruguays Hauptstadt Montevideo residiert, hat Calmund beinahe alle spektakulären Brasilien-Transfers für Bayer Leverkusen abgewickelt.
    Meistens ging es um Millionen, die teilweise auch als Bargeld bewegt wurden. Figer herrscht in Fußball-Brasilien nach Einschätzung des Spiegels "wie ein Pate". Er erwirbt die Transferrechte an seinen Klienten und überträgt sie dann auf die jeweiligen Fußball-Klubs. Unter Insidern wird vermutet, dass auf dem brasilianischen Fußballmarkt ohne Schmiergeld wenig gehe.


    Besuch in Florida


    Anfang November 2004 schickte Bayer einen Münchner Wirtschaftsanwalt nach Florida. Der sollte dort auskundschaften, ob es Schmiergeldzahlungen von Figer an Calmund gegeben habe. Das Geld wähnten die Bayer-Detektive auf Schwarzgeldkonten in Amerika. Über seine in Florida gewonnenen Erkenntnisse hat der Anwalt ein "Memorandum" gefertigt, das Bayer inzwischen der Staatsanwaltschaft übergeben hat.
    Hartnäckig halten sich Gerüchte, Calmund habe sein Haus im rheinischen Odenthal mit Fußballgeldern finanziert. Dem tritt der einstige Bayer-Manager energisch entgegen. Zwei Darlehen habe er zur Finanzierung seines Hauses aufnehmen müssen. Die Darlehnsverträge seien bei den Banken deponiert und durch das Haus komplett abgesichert.
    In der Fußballabteilung von Bayer scheint vieles möglich zu sein. Die Millionen sitzen dort locker. In der Ermittlungsakte Calmund findet sich ein Anmerkung, die die Geberlaune der Fußballbosse ganz allgemein beschreiben soll: "Sparen, sparen ist das Motto, doch selber spiele ich den flotten Otto."


    Ein Verein mit auffälliger Personalfluktuation


    Bayer-Verteidiger Jens Nowotny zum Beispiel bekommt fünf Millionen Euro dafür überwiesen, dass er seinen ursprünglich bis 2008 laufenden Vertrag zum Saisonende aufgelöst hat. Sportdirektor Rudi Völler schäumte über das von Nowotny-Anwalt Stefan Seitz nachträglich ausgehandelte Vertragskonstrukt.
    Seitz, der auch Calmund vertritt, bat Völler um Verständnis, dass Nowotny die ihm zugebilligte Option der Vertragsauflösung jetzt habe ziehen müssen. Andernfalls, so Seitz, „wäre das so gewesen, wie wenn wir einen Lottoschein mit sechs Richtigen zu Hause liegen haben, aber den nicht einlösen“.


    Etliche Spieler und Trainer haben Bayer 04 in den letzten Jahren als Lottokönige verlassen. Der Verein hat eine auffällige Personal-Fluktuation. Im März 2003 heuerte der 105-malige Nationalspieler Jürgen Kohler als Sportdirektor in Leverkusen an. Bereits ein Jahr später wollten die Bayer-Funktionäre Kohler wieder loswerden.
    Am 18. April 2005 traf Fußball-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser mit dem Kohler-Berater Ronny Zeller eine Vereinbarung, dass dieser "vermittelnd helfen" solle, für seinen Klienten Kohler eine Traineranstellung im In- oder Ausland zu finden. Der hinter dem Rücken Kohlers mit dessen Berater eingefädelte Deal balanciert an der Kante des Strafgesetzbuches.
    Danach sollte Berater Zeller von Bayer ein gestaffeltes "Erfolgshonorar" erhalten, je niedriger die Abfindungssumme des Fußball-Bundesligisten für seinen Klienten ausfalle. Falls sich Bayers Abfindungssumme für Kohler auf drei Millionen beliefe, so die der SZ bekannt gewordene Vereinbarung, sollte dessen Berater immerhin noch mit 100.000 Euro profitieren.
    Bei einer Abfindung von einer Million hätte er laut Vereinbarung bereits 300000 Euro erhalten. Eine halbe Million Euro hatte Holzhäuser dem Kohler-Berater für den Fall zugesagt, dass Bayer seinen Sportdirektor ohne Abfindung los werden würde.
    Als Kohler von diesem dubiosen Deal Wind bekam, hatte er im Sommer 2004 fristlos bei Bayer gekündigt – mit einer Abfindung von 1,6 Millionen Euro. Im Detail mag sich Holzhäuser zu der Vereinbarung nicht äußern. Ausdrücklich weist er aber darauf hin, „dass erfolgsabhängige Vergütungen an Berater branchenüblich sind“.


    [URL=http://www.sueddeutsche.de/,spom2/sport/bundesliga/special/83/36047/index.html/sport/bundesliga/artikel/842/73769/article.html]SZ[/URL]

    Im Übrigen bin ich der Meinung, daß wir Meister werden !!! -Irgendwann

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