Nowotny bei der WM? Geht's noch?
Gegen Christian Wörns spricht, dass er zu alt ist. Gegen Mehmet Scholl spricht, dass er zu verletzungsanfällig ist. Aber was spricht für Nowotny? Ein Kommentar
von Jürgen Schmieder
Jens Nowotny
Jürgen Klinsmann hat Jens Nowotny zum Fitnesstest der Nationalmannschaft eingeladen. Der Leverkusener war begeistert über die überraschende Nachricht: "Ich habe mich natürlich sehr gefreut über den Anruf des Bundestrainers."
Nun muss man sich jedoch fragen, welchen Sinn die Einladung von Nowotny machen soll. Klinsmann setzt seit seinem Amtsantritt auf junge, dynamische Spieler. Und auf Abwehrrecken, die nicht nur zerstören, sondern auch das Spiel nach vorne beherrschen. Damit begründete der Bundestrainer auch die Nicht-Berücksichtigung von Christian Wörns.
Und nun soll die WM-Tür für Nowotny wieder offen stehen? Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Ein Spieler, der sich seit Jahren mit schlimmen Verletzungen plagt, dessen letzte gelungene Offensivaktion wohl aus dem vergangenen Jahrhundert stammt. Der in dieser Spielzeit nur deshalb in den Medien präsent war, weil er sich mit seinem Arbeitgeber einen Dauerstreit um Verträge, Auflösung und Abfindungen geliefert hat.
Dagegen ist der WM-Zug für Mehmet Scholl wohl endgültig abgefahren: Er wurde nicht eingeladen, Klinsmann kommentierte die allgemeine Forderung so: "Wir freuen uns über Mehmets gelungene Auftritte beim FC Bayern in den letzten Wochen, aber unser Hauptaugenmerk gilt den Spielern, die im engeren Kreis von 28 bis 30 Leuten sind, und diese haben einfach Priorität."
Und zu diesem Kreis gehört nun wohl wieder Jens Nowotny. Aha.
Mehmet Scholl wäre jemand, der ein Spiel alleine entscheiden kann. Christian Wörns wäre ein Spieler, der einer wackeligen deutschen Abwehr Stabilität verleihen könnte. Aber auf die mag der Bundetrainer nicht mehr setzen. Sondern lieber auf einen Spieler, der vier Kreuzbandrisse hinter sich hatte und in der Rückrunde nicht unbedingt durch gelungene Abwehraktionen auffiel.
So sehr man sich für Nowotny freuen mag - er hat es nach seiner Leidensgeschichte wahrlich verdient. Sagt Trainer Joachim Löw und begründet die Einladung mit den „überraschend starken Leistungen“ in den vergangenen Wochen.
Nur: Die haben Scholl und Wörns zweifellos gezeigt. Ein Fakt, über den Klinsmann mal nachdenken sollte.