HSV verspielt letzte Titelambitionen

  • Hamburg (rpo). Der 31. Spieltag hat einen klaren Verlierer: In den letzten Wochen noch als Bayernjäger gefeiert hat der Hamburger SV seine geringen Chancen auf den Titel endgültig verspielt. Im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen kassierten die Norddeutschen eine verdiente 0:2-Niederlage. Bayer ist hingegen auf dem besten Weg, einen Platz im internationalen Geschäft zu ergattern.


    Den Blick nach vorn in der Tabelle Richtung Bayern München kann sich der Hamburger SV ab sofort schenken, doch im Kampf um die direkte Qualifikation für die Champions League gegen den Nordrivalen Werder Bremen sehen sich die Hanseaten weiter als erster Anwärter. "Das Ding wird uns nicht umhauen", prophezeite HSV-Trainer Thomas Doll nach der 0:2 (0:1)-Niederlage gegen Bayer Leverkusen mit demonstrativer Gelassenheit.


    Mit fünffachem Ersatz stemmten sich die Norddeutschen mehr als eine Halbzeit lang mit bemerkenswertem Kampfgeist gegen die vierte Heimniederlage, doch dann war man im 52. Pflichtspiel der Saison mit den Kräften und vor allem mit der Konzentration nahezu am Ende. Doll: "Wir hatten die Möglichkeiten, aber uns fehlte die Ruhe vor dem Tor." Weit effektiver gingen die Gäste mit ihren Chancen um, Simon Rolfes (6.) und Paul Freier (77.) trafen jeweils zum genau richtigen Zeitpunkt.


    "Fast sensationell"


    Nach fünf Siegen hintereinander können die Westdeutschen schon im nächsten Auswärtsspiel mit einem "Dreier" beim Verfolger Hertha BSC den fünften Platz und damit die direkte Qualifikation für den UEFA-Pokal fast schon unter Dach und Fach bringen. "Wenn man unsere verkorkste Hinserie bedenkt, ist das fast sensationell", lobte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler sein Team, die Tore, so der ehemalige DFB-Teamchef weiter, "sahen schon ein bisschen nach Barcelona aus."


    "Barca" wäre zweifellos ein HSV-Wunschgegner in der kommenden Spielzeit in der "Königsklasse", dann darf den Hamburgern allerdings nicht wie im Vorjahr im Bundesliga-Schlussspurt erneut die Luft ausgehen. Nur einen Zähler holten die Hanseaten seinerzeit aus den letzten vier Partien und rutschten bis in den UI-Cup ab. Daran wollte der HSV-Coach jedoch gar nicht erst denken: "Wir halten uns in der Gegenwart auf."


    Und da lagen die Platzherren in allen verfügbaren Statistiken vorn, nur das Ergebnis stimmte aus HSV-Sicht nicht. "Wir hatten einfach kein Glück, das gibt es im Fußball", brachte der brasilianische Torjäger Ailton die Misere in gewohnt schlichter Ausdrucksweise prägnant auf den Punkt. Und so verabschiedeten 57. 000 Zuschauer in der ausverkauften AOL-Arena die Gastgeber nicht unverdient mit Beifall in die Kabine.


    Butt glänzend aufgelegt


    Schier zur Verzweiflung hingegen brachte die HSV-Fans der Ex-Hamburger Jörg Butt, der an alter Wirkungsstätte mit mehr als einem halben Dutzend Glanzparaden die drei Punkte für das beste Team der Rückrunde festhielt. "Er hat großartige Reflexe gezeigt und gut mitgespielt", sagte Bayer-Trainer Michael Skibbe und bescheinigte seinem Schlussmann "eine herausragende Leistung".


    Weniger spektakulär, aber solide und weitgehend fehlerfrei agierte Jens Nowotny, der monatelang verletzt war und nun plötzlich sogar wieder ein Kandidat für Bundestrainer Jürgen Klinsmann ist. Und selbst beim Werksklub kann man sich vorstellen, über das Saisonende hinaus mit dem 32-Jährigen ungeachtet unschöner gerichtlicher Auseinandersetzungen zusammenzuarbeiten. Völler: "In dieser Form hat Nowotny bei uns eine Perspektive."


    Auch die WM ist für den Abwehrspieler wieder ein Thema, wenn er seine Fitness beim Leistungstest der Nationalmannschaft zu Beginn der kommenden Woche unter Beweis stellen sollte. Nowotny: "Mein Knie hält und bei Bayer waren meine letzten Laktattests immer gut. Alles Weitere wird man sehen."


    STIMMEN:


    Trainer Thomas Doll (Hamburger SV): "Diesmal sollte es einfach nicht sein. Meine Mannschaft war gewillt, das Spiel zu gewinnen, aber uns fehlte bei den zahlreichen Chancen die Ruhe vor dem Tor. Unter dem Strich sind wir natürlich enttäuscht, obwohl es ein tolles Fußballspiel war."


    Trainer Michael Skibbe (Bayer Leverkusen): "Wir wollten auf keinen Fall gegen den HSV zum dritten Mal in dieser Saison verlieren. Über weite Strecken haben wir gut gespielt und sehenswerte Ballpassagen gezeigt. Diese drei Punkte waren im Hinblick auf einen Platz im UEFA-Pokal sehr wichtig."


    STATISTIK


    Hamburg: Kirschstein - Mahdavikia, Reinhardt, Boulahrouz, Atouba - Demel - Jarolim (78. Klingbeil), Trochowski (62. Takahara) - Barbarez - Lauth, Ailton. Trainer: Doll


    Leverkusen: Butt - Fritz, Juan, Nowotny, Stenman - Ramelow, Rolfes - Schneider - Freier (84. Babic), Berbatow, Barnetta (87. Castro). Trainer: Skibbe


    Schiedsrichter: Wagner (Kriftel)


    Tore: 0:1 Rolfes (8.), 0:2 Freier (77.)


    Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)


    Beste Spieler: Babarez, Mahdavikia - Butt, Juan


    Gelbe Karten: Mahdavikia (3), Barbarez (5/3) - Ramelow (5/3), Juan (5/1)



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