Die Elf von Trainer Michael Skibbe gewinnt in Hamburg mit 2:0. Für die Hanseaten ist der Meisterschafts-Zug damit wohl endgültig abgefahren.
Hamburg - Der Hamburger SV kann seine Titelhoffnungen in der Bundesliga wohl endgültig begraben.
Nach zuletzt drei Siegen hintereinander verloren die Hanseaten ihr Heimspiel gegen Bayer Leverkusen mit 0:2 (0:1) und verpassten bei vier Punkten Rückstand damit den Anschluss an Tabellenführer und Titelverteidiger Bayern München, der am Sonntag beim FSV Mainz 05 gastiert.
Die Gäste hingegen untermauerten mit diesem Erfolg ihre Ambitionen auf einen Platz im Uefa-Cup.
Rolfes bringt Bayer in Führung
Vor 57.000 Zuschauern in der erneut ausverkauften Hamburger WM-Arena erzielte Simon Rolfes schon in der achten Minute den Führungstreffer.
Der Mittelfeldspieler, mustergültig bedient von Torjäger Dimitar Berbatov, nutzte eine Unaufmerksamkeit in der HSV-Abwehr und lupfte den Ball über Hamburgs Torhüter Sascha Kirschstein hinweg ins Tor.
Freier trifft zum 2:0
Für die endgültige Entscheidung zu Gunsten der Westdeutschen sorgte Paul Freier, der in der 77. Minute Kirschstein mit einem Flachschuss von der Strafraumgrenze überwinden konnte.
Der dreifach Punktgewinn für die Mannschaft von Trainer Michael Skibbe war allerdings unter dem Strich schmeichelhaft.
HSV vor der Pause dominant
Insbesondere vor dem Seitenwechsel dominierten die Platzherren eindeutig und hätten bei zahlreichen guten Torgelegenheiten den frühen Rückstand schnell ausgleichen müssen.
Gleich dreimal scheiterte der brasilianische Torjäger Ailton in der 7., 9. und 23. Minute in aussichtsreicher Position.
Butt überragend
Zudem hatte der Ex-Hamburger Hans-Jörg Butt im Tor der Leverkusener einen Glanztag erwischt und hielt mit mehr als einem halben Dutzend großartiger Paraden den fünften Sieg der Gäste in Folge fest.
Allerdings trug auch die Bayer-Truppe in der ersten Halbzeit zu einer abwechslungsreichen Begegnung auf schwerem und tiefem Boden einiges bei.
Berbatov abgemeldet
Insbesondere kämpferisch war der ehemalige Uefa-Pokal-Gewinner den Norddeutschen absolut ebenbürtig und sorgte zumindest hin und wieder durch Entlastungsangriffe für Gefahr vor dem HSV-Tor.
Insgesamt allerdings war Berbatov, in dieser Saison schon 16 Mal für sein Team erfolgreich, bei der HSV-Deckung weitgehend abgemeldet.
Nach dem Seitenwechsel mussten beide Mannschaften dem hohen Anfangstempo und den kräfteraubenden Bodenverhältnissen Tribut zollen.
Insbesondere der HSV konnte den starken Druck der ersten 45 Minuten nicht mehr aufrecht erhalten, war aber unter dem Strich das aktivere Team.
Van der Vaarts Fehlen deutlich spürbar
Bayer zog sich mehr und mehr in die Defensive zurück und konnte erst aufatmen, als Freier den entscheidenden Konter zum 2:0 abschloss.
Beim HSV machte sich das Fehlen von Mittelfeldregisseur Rafael van der Vaart deutlich bemerkbar.
Starke Partie von Mahdavikia
Mannschaftskapitän Sergej Barbarez sowie insbesondere in der ersten Halbzeit der Mehdi Mahdavikia waren die herausragenden Akteure auf Seiten der Norddeutschen.
Im Team von Leverkusen verdiente sich neben dem fehlerfrei agierenden Keeper Butt Abwehrspieler Juan eine gute Note.
Ladehemmung zerstört letzte Meisterträume
33 Mal schoss der HSV erfolglos auf das Leverkusener Tor. Nach der 0:2-Niederlage ist der Meisterschaftszug wohl endgültig abgefahren.
Hamburg/München - Die deutsche Sprache zählt bekanntlich nicht zu Ailtons Stärken.
Einen Satz kann er aber auswendig aufsagen: "Ailton muss immer Tor schießen."
Das ist dem Brasilianer bei Hamburgs 0:2 (0:1) gegen Bayer Leverkusen jedoch ebenso wenig gelungen wie all seinen Mitspielern.
"Uns fehlte die Ruhe vor dem Tor"
90 Minuten lang feuerte der HSV aus allen Lagen auf das Bayer-Tor, insgesamt 33 Mal. So oft wie nie zuvor in dieser Saison. Erfolgserlebnisse blieben aber aus.
"Wir hatten die Möglichkeiten. Leverkusen hätte sich nicht beschweren können, wenn sie in der ersten Halbzeit vier Stück bekommen hätten. Uns fehlte einfach die Ruhe vor dem Tor", analysierte Trainer Thomas Doll.
Lauth versteht die Welt nicht mehr
Ailton nahm es nicht weiter tragisch: "Wir hatten einfach kein Glück, das gibt es im Fußball."
Dagegen verstand Benny Lauth die Welt nicht mehr. "Wir haben uns selten so viele Torchancen rausgespielt wie heute, aber wir hätten noch zwei Stunden länger spielen können und hätten kein Tor geschossen", sagte der Stürmer, der wie Ailton reihenweise beste Gelegenheiten ausließ.
Meisterschaft wohl entschieden
Hamburgs Ladehemmung hat die deutsche Meisterschaft wohl endgültig entschieden.
Der FC Bayern kann mit einem Sieg in Mainz (So., ab 17 Uhr LIVE)den Vorsprung auf sieben Punkte ausbauen.
Doll ist das allerdings herzlich egal: "Das interessiert uns nicht. Wir schauen nur auf uns."
"Das Ding wird uns nicht umhauen"
Ein Blick nach hinten könnte jedoch nicht schaden. Schlägt Werder Bremen am Sonntag Schalke 04, schmilzt Hamburgs Vorsprung auf den hanseatischen Konkurrenten auf zwei Zähler.
Eingraben wollte sich Doll nach der ersten Niederlage nach zuletzt drei Siegen ohne Gegentor indes nicht.
"Das Ding wird uns nicht umhauen. Wir haben jetzt zehn Tage Zeit, unsere Wunden zu lecken", so der Coach.
Bayer wie Barcelona
Bayer Leverkusen dagegen kann vom Fußball derzeit nicht genug bekommen.
Der Sieg beim HSV war bereits der fünfte in Folge. "Wenn man unsere verkorkste Hinserie bedenkt, ist das fast sensationell", lobte Sportdirektor Rudi Völler sein Team.
Die Tore durch Simon Rolfes (8.) und Paul Freier (77.) "sahen schon ein bisschen nach Barcelona aus", so Völler.
"Sehenswerte Ballpassagen"
Sich mit Ronaldinho und Co. zu vergleichen, ist vielleicht ein bisschen weit hergeholt.
Doch nicht nur Trainer Michael Skibbe erkannte "über weite Strecken sehenswerte Ballpassagen".
"Im Hinblick auf einen Uefa-Cup-Platz waren diese drei Punkte sehr wichtig", so Skibbe weiter.
Butt in Galaform
Hauptverantwortlich dafür war insbesondere Torhüter Hans-Jörg Butt, der zahklreiche Glanzparaden zeigte.
"Er hat großartige Reflexe gezeigt und gut mitgespielt. Das war eine herausragende Leistung", lobte Skibbe seinen Schlussmann.
Nowotny soll bleiben
Weniger spektakulär aber grundsolide agierte Jens Nowotny. In der Form von Hamburg ist der Innenverteidiger, der von Jürgen Klinsmann zu den Fitnesstests der Nationalmannschaft am Montag und Dienstag eingeladen wurde, durchaus WM-tauglich.
Und auch Bayer kann sich vorstellen, über das Saisonende hinaus mit dem 32-Jährigen zusammenzuarbeiten.
"In dieser Form hat Nowotny bei uns eine Perspektive", sagte Rudi Völler.
"Alles weitere wird man sehen"
Nowotny selbst hat über seine Zukunft noch nicht entschieden.
"Mein Knie hält und bei Bayer waren meine letzten Laktattests immer gut. Alles weitere wird man sehen", sagte der 45-malige Nationalspieler.
Thomas Gaber