Leverkusener Bundesligist entschließt sich, ungeklärte Geldbeträge anzumelden und zu versteuern.
Für die Finanzexperten des Bayer-Konzern scheint es keine schwierige Aufgabe gewesen zu sein. Während der Analyse der Geschäftsabläufe bei ihrer Fußballtochter sollen sie im Sommer des Jahres 2003 auf Verträge gestoßen sein, allesamt abgeschlossen mit dem südamerikanischen Spielervermittler Juan Figer, die unklar gewesen seien. Und die Befürchtung, dass etwas Verbotenes gelaufen sein könnte, habe schnell neue Nahrung gefunden. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gelangte Bayer Leverkusen damals zu der Vermutung, dass die Gelder dazu benutzt worden sein könnten, um Spieler im Ausland mit unversteuerten Nettozahlungen zu versorgen.
Diese Information des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte jedenfalls der Leiter der Bayer-Revision bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Köln. Der oberste Bilanzprüfer des Konzerns ist Mitte vergangenen Monats im Zusammenhang mit dem Untreue-Vorwurf gegen Reiner Calmund befragt worden. Der Ex-Manager steht im Mittelpunkt von Ermittlungen, die klären sollen, ob es ausreichende Belege gibt für die Ausgabe von 580 000 Euro, die Bayer für die Kaufoptionen auf osteuropäische Spieler bezahlt haben soll. Während seiner Zeugenaussage bei der Staatsanwaltschaft berichtete der oberste Revisor des Konzerns aber nicht nur von den umstrittenen Optionen, sondern auch von Bayer-Verträgen mit Juan Figer.
Wofür die in diesen Papieren vereinbarten Gelder gezahlt wurden, habe nicht geklärt geklärt werden können, so der Konzern-Revisor. Er habe den Verantwortlichen die Tragweite klar gemacht und gesagt, dass damit gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen werde. Es sei dann versucht worden, die entsprechenden Kontrakte zu identifizieren. Schließlich seien Verträge aus den Jahren von 1998 bis 2003 gefunden worden, für die Bayer insgesamt 11 850 000 US-Dollar gezahlt habe. Nach Recherchen der Bayer-Revision sei das Geld „auf Konten lateinamerikanischer Firmen geflossen, die Figer zuzuordnen sind“.
Hinsichtlich dieser Beträge hat die Bayer 04 Fußball GmbH am 18. Mai 2004 „eine strafbefreiende Erklärung“ beim Finanzamt Leverkusen eingereicht, bestätigte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derartige Selbstanzeigen beim Fiskus führen dazu, dass strafrechtliche Ermittlungen bei Steuerhinterziehung nicht mehr eingeleitet werden können. Da nicht geklärt werden konnte, was mit dem gezahlten Geld geschehen ist, habe sich Bayer „vorsorglich entschlossen, die Zahlungen beim Finanzamt anzumelden und sicherheitshalber nachträglich zu versteuern“, so Holzhäuser in seiner Stellungnahme.
Trotz intensiver Recherchen konnte dem Vernehmen nach bei Bayer nicht geklärt werden, ob und welche Spieler womöglich von den Zahlungen an Figer profitiert haben. Der einflussreiche Vermittler von Fußballern in Südamerika war viele Jahre Geschäftspartner von Bayer 04. DerUruguayer vermakelte Profis wie Paulo Rink, Robson Ponte, Ze Roberto, Franca und Juan an den Werksklub.
Dass es in den vergangenen Jahren Probleme prinzipieller Natur gab, hat der Bayer-Konzern der Staatsanwaltschaft Köln bereits am 9. März mitgeteilt. Da das Budget der Fußball GmbH „massiv“ überschritten worden sei, sei die Konzernrevision im Frühjahr 2003 „mit einer umfassenden Untersuchung der Geschäftsabläufe“ bei der Fußball-Tochter beauftragt worden, schrieb Bayer-Anwalt Walter Graf in einer zwölfseitigen Stellungnahme für die Ermittler. Sehr schnell habe es erste Hinweise auf „zweifelhafte Geschäftsvorgänge“ gegeben. Vereinbarungen seien mündlich abgeschlossen oder schriftlich nicht eindeutig abgefasst worden, was zu „erheblichen rechtlichen und finanziellen Nachteilen“ bei Bayer 04 geführt habe, so Graf.
In Grafs Papier gibt es auch schon erste konkrete Andeutungen zu ungeklärten Rechnungen des Spielervermittlers Figer. In diesen Vereinbarungen sei es um angebliche Provisionen für die Vermittlung der Spieler Juan, Ze Roberto und Ponte gegangen. Die Geldforderungen seien jedenfalls für Holzhäuser „nicht nachvollziehbar“ gewesen.
Die umstrittenen Figer-Rechnungen werden letztlich kaum Einfluss auf die noch andauernden Untreue-Ermittlungen gegen Calmund haben. Durch die Selbstanzeige von Bayer ist die strafrechtliche Verfolgung ausgeschlossen.