Das Leben eines Stehaufmännchens

  • 26.04.2006


    Das Leben eines Stehaufmännchens


    Die Karriere von Jens Nowotny schien bereits vorbei zu sein, jetzt winkt sogar die erste WM-Teilnahme. Der Bundestrainer macht Hoffnung.


    München – Auf und ab, hoch und runter:


    Die Karriere des Jens Nowotny wurde mir Sicherheit nicht am Reißbrett eines Spielerberaters gezeichnet. Seine Laufbahn kannte nie nur einen Weg, auf einem Höhepunkt folgte immer der nächste tragische Rückschlag.


    In dieser Woche der vorläufige Schlusspunkt der Entwicklung, als das ehemals größte Abwehrtalent Deutschlands von Bundestrainer Jürgen Klinsmann überraschend zum Fitnesstest der deutschen Nationalmannschaft nach Düsseldorf eingeladen wurde.


    Aufstehen als Maxime


    Die vorläufige Rückkehr in den erlauchten Kreis der möglichen WM-Fahrer dokumentiert einerseits den Mangel an Alternativen für Klinsmann. Andererseits zeigt es jedoch auch nur, was für eine Kämpfernatur der Abwehrchef von Bayer Leverkusen ist.


    Der gebürtige Badener krabbelte bislang immer aus jedem (in der Regel verletzungsbedingten) Tief heraus.


    Bezeichnend der Verlauf dieser Saison: Zunächst verpasste der 32-Jährige wegen seines vierten Kreuzbandrisses die gesamte Hinrunde, um sich in der zweiten Hälfte der Spielzeit wieder in die Stammelf von Bayer zurückzukämpfen.


    Mit Erfolg: Auch dank der Hilfe des Routiniers ist Leverkusen die beste Rückrunden-Mannschaft.


    Erste WM-Teilnahme winkt


    Sollte Nowotny weiter fit bleiben und seine Leistungen auf einem höheren Level stabilisieren, steht seiner ersten WM-Teilnahme nichts im Weg.


    1998 wurde ihm noch Olaf Thon und Lothar Matthäus vorgezogen, den Vizeweltmeistertitel 2002 verpasste er aufgrund einer Verletzung – seinem zweiten Kreuzbandriss.


    "Das ist ein klares Signal"


    Die Einladung zum Fitnesstest soll daher nur der erste Schritt sein.


    "Das ist ein klares Signal, dass er es schaffen kann", sagt Klinsmann. "Jens hat einen sehr guten Eindruck gemacht und hat die Tests in Flexibilität, Kraft und Sprint ohne Probleme absolviert.".


    Teammanager Oliver Bierhoff ergänzt: "Für die Mannschaft ist seine Ruhe ganz wichtig."


    Erfahrung als Trumpf


    Seine Konkurrenten um den vierten Innenverteidiger-Posten (neben den gesetzten Per Mertesacker, Christoph Metzelder und Robert Huth) heißen Lukas Sinkiewicz (Köln) und Manuel Friedrich (Mainz).


    Der eine hat noch nicht einmal seinen 21. Geburtstag gefeiert, das Länderspielkonto des anderen weist eine glatte Null auf.


    Das Knie hält


    Auch Bayer-Coach Michael Skibbe sieht daher gute Chancen für Nowotny.


    "Sein großes Plus sind Zweikampfstärke, Organisationstalent und Erfahrung", erklärt Skibbe. "Der körperliche Zustand ist sehr gut, sogar besser als vor der EM 2004, weil sein Kniegelenk stabiler ist als vor zwei Jahren"


    Für Nowotny würde sich mit dem DFB-Comeback "ein Traum in Erfüllung gehen".


    Dafür nimmt Nowotny allerdings ein großes Risiko in Kauf.


    Nowotnys Drahtseilakt


    Nach einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung mit Bayer spielt er derzeit auf eigenes Risiko. Bei einer erneuten Knieverletzung würde Nowotny finanziell fast auf sich alleine gestellt sein.


    Sollte er jedoch bis zum Sommer fit bleiben, könnte er eine Klausel nutzen und ablösefrei zu einem anderen Klub wechseln. Fünf Millionen Euro müsste Bayer in diesem Fall sogar zusätzlich an Nowotny überweisen.


    "Wünsche mir seinen Verbleib"


    Skibbe ist dennoch bezüglich einer Vertragsverlängerung zuversichtlich: "Einen Verbleib von Jens wünsche ich mir natürlich und ich glaube auch daran. Er weiß, dass er hier eine unglaublich große Akzeptanz in der Mannschaft und im Verein besitzt."


    Mit einem deutlichen Fingerzeit auf die bisherige unstete Laufbahn von Nowotny fügt Skibbe an: "Ich glaube, das ist ihm in den letzten Jahren auch seiner Karriere auch wichtig."


    Haruka Gruber


    sport1.de