Berlin lädt Bayer zum Showdown
Noch vor ein paar Wochen hätten sich die Fußball-Fans von Hertha BSC Berlin und Bayer Leverkusen nicht träumen lassen, dass ihre Lieblinge am kommenden Dienstag, drei Spieltage vor Ende der Bundesliga, im Olympiastadion zum großen Showdown um einen Platz im internationalen Geschäft aufeinander treffen. bundesliga.de wirft einen Blick an Spree und Rhein.
Besonders in Berlin ist die Euphorie nach einem fulminanten Schlussspurt groß, war doch am 24. Spieltag nach einer Misserfolgsserie von neun Spielen ohne Sieg der Saisontiefpunkt erreicht. Die 2:4-Niederlage der Hauptstädter gegen das damalige Tabellenschlusslicht 1. FC Köln bedeutete den Absturz auf Rang zehn.
Doch die 'alte Dame' raffte sich noch einmal auf, schöpfte nach einem überzeugenden 3:0-Erfolg bei Werder Bremen neuen Mut und legte bis zum 31. Spieltag eine Serie von sieben Spielen ohne Niederlage hin. Mit der Ausbeute von 15 Zählern kletterte das Team von Chefcoach Falko Götz, der als zwischenzeitlicher Wackelkandidat auf der Trainerbank mittlerweile wieder fest im Sattel sitzt, bis auf den sechsten Tabellenrang.
Marcelinho und Pantelic treffsicher
Entscheidenden Anteil am Berliner Aufschwung hatten Mittelfeldregisseur Marcelinho und Stürmer Marko Pantelic, die beide in den letzten Wochen wieder zu alter Stärke zurückgefunden haben. Während der Brasilianer seine zwischenzeitliche Torflaute mit einem Treffer gegen Bremen beendete und den VfB Stuttgart (2:0) mit seinen beiden Toren nahezu im Alleingang erledigte, erzielte Pantelic vier seiner zehn Saisontore in den jüngsten sechs Partien. Neben Marcelinho und Pantelic kann sich Götz auch auf seinen Mittelfeldmotor Yildiray Bastürk (Götz: 'Wie wichtig Bastürk für unser Spiel ist, darüber müssen wir uns nicht unterhalten') verlassen.
Dank der wiedergewonnenen Spielfreude befinden sich die Berliner mit derzeit 45 Punkten auf Tabellenrang sechs auf Augenhöhe zum begehrten fünften Platz, der zur Teilnahme am UEFA-Cup berechtigt und damit auf einen zusätzlichen Geldregen in der kommenden Saison hoffen lässt. So war denn auch das 2:2-Remis am vergangenen Spieltag bei Borussia Mönchengladbach kein Beinbruch. 'Der eine Punkt kann noch ganz wichtig sein. So haben wir nur zwei Punkte Rückstand auf Leverkusen und können mit einem Heimsieg gegen Bayer am nächsten Spieltag vorbeiziehen', äußerte sich Hertha-Manager Dieter Hoeneß nach dem Gladbach-Spiel voller Zuversicht. Und Niko Kovac, Schütze des späten Ausgleichstreffers, tutete optimistisch ins gleiche Horn: 'Wenn wir gewinnen, sind wir einen Punkt vor und Fünfter.'
Angesichts der Tatsache, dass der FC Schalke 04 auf Rang vier bereits außer Reichweite liegt, steht dem Sprung auf den begehrten fünften Platz wohl einzig Ligarivale Bayer Leverkusen der Hertha noch im Weg. Und ausgerechnet der Werksklub gastiert am Dienstag ab 20 Uhr zum großen Showdown im Olympiastadion. Die Elf von Trainer Michael Skibbe hat derzeit zwei Zähler Vorsprung auf die Berliner und kann nach einer ziemlich verkorksten Hinrunde auf einen ähnlichen Schlussspurt wie der Gegner verweisen.
Grüßten die Leverkusener am 26. Spieltag noch vom zehnten Tabellenplatz, fuhr Bayer in den vergangenen fünf Begegnungen fünf Siege ein und mutierte zum besten Team der Liga. 'Es ist fast eine Sensation, dass wir in der Tabelle mittlerweile so weit oben stehen. Wenn wir nun unser nächstes Spiel bei Hertha BSC Berlin gewinnen sollten, müssten wir eigentlich durch sein', blickt Bayer-Sportdirektor Rudi Völler voller Vorfreude auf das Topspiel.
Bayer vorne eiskalt und hinten dicht
In den vergangenen Wochen zeigte sich besonders Dimitar Berbatov in glänzender Form, traf in den letzten fünf Spielen fünf Mal und überzeugte nebenbei auch als Torvorbereiter. Lohn für die Mühen des Bulgaren sind ein dritter Platz in der Torjägerliste (16 Treffer) und der Titel des derzeit zweitbesten Scorers der Liga. Auch Neuzugang Simon Rolfes zeigt sich derzeit treffsicher. Der Ex-Aachener, der mittlerweile eine feste Größe im Skibbe-Team ist, markierte drei seiner sechs Saisontore in den letzten beiden Spielen und hatte mit seinem Treffer zum 1:0 entscheidenden Anteil am 2:0-Erfolg beim Tabellenzweiten Hamburger SV am vergangenen Spieltag. Neben den beiden Offensivkräften brachte Keeper Jörg Butt an alter Wirkungsstätte in Hamburg die hanseatischen Stürmer mit zahlreichen Glanzparaden nahezu zur Verzweiflung.
Dazu erlebt ein alter Haudegen in der Abwehr zurzeit seinen zweiten Frühling. Jens Nowotny überzeugt Woche für Woche nicht nur alle Kritiker, die den 32-jährigen 'Oldie' nach seinen vier Kreuzbandrissen bereits abgeschrieben hatten. Auch Bundestrainer Jürgen Klinsmann ist wieder auf den Verteidiger aufmerksam geworden, lud ihn jüngst zum Fitnesstests der Nationalmannschaft ein und ließ die Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme im eigenen Land wieder aufleben. Ein Leverkusener Torverhältnis von 13:3 in den letzten fünf Partien waren dabei sicherlich überzeugende Argumente, dass Nowotny der jungen deutschen Hintermannschaft Stabilität verleihen könnte.
Auch wenn der Ex-Karlsruher am Dienstag bekannt gab, sein Engagement bei Bayer zum Saisonende zu beenden, um 'im sportlichen Bereich noch einmal eine neue Aufgabe zu suchen', beteuert Nowotny jedoch mit Nachdruck, in den letzten drei Spielen für Bayer seine 'Kräfte zu bündeln, damit wir den UEFA-Cup erreichen'. Mit einem Sieg beim direkten Rivalen in Berlin könnte der wichtigste Schritt dazu bereits am Dienstag gelingen...
sid/Jana Tillmann