WM ohne Scholl, Freier, Hamann und Lauth
Der erweiterte Kreis der WM-Teilnehmer steht fest. "Es werden 28 Spieler sein", so Bundestrainer Klinsmann zu Sport1.de.
München - Knapp drei Wochen vor Beginn der WM-Vorbereitung hat Jürgen Klinsmann die Planung bis zum Eröffnungsspiel am 9. Juni gegen Costa Rica weitgehend abgeschlossen.
Die Schwerpunkte für die beiden Trainingslager ab dem 16. Mai auf Sardinien und fünf Tage später am Genfer See stehen fest.
"Die Grundvoraussetzung für unser System wird die körperliche Fitness sein", kündigte Co-Trainer Joachim Löw eine knallharte Vorbereitung an.
18 WM-Fahrer stehen fest
Und auch beim 23-köpfigen Aufgebot dürfte es keine Überraschungen geben. 18 Spieler stehen bereits fest, auch die fünf weiteren Kandidaten kommen aus dem erweiterten Aufgebot. Dies bestätigte Klinsmann Sport1.de bei einem Gespräch in München.
"Der Kreis beschränkt sich auf die 28 Spieler, die jetzt im vorläufigen WM-Aufgebot dabei sind, inklusive Jens Nowotny", erklärte der Bundestrainer.
Mit anderen Worten: Sollte es keine verletzungsbedingten Ausfälle geben, haben Mehmet Scholl, Paul Freier, Dietmar Hamann, Simon Rolfes, Frank Baumann, Benny Lauth und Stefan Kießling keine Chance mehr.
Nowotny mit besten Chancen
Letzter Akteur, der noch in die Mannschaft rutschen kann, ist Nowotny.
Der Leverkusener kann sich aufgrund seiner Erfahrung gegenüber den Rivalen Patrick Sinkiewicz und Manuel Freidrich die besten Chancen auf den vierten Platz in der Innenverteidigung ausrechnen, sofern die Werte des aktuellen Fitnesstests nicht dagegen sprechen.
Darüber hinaus haben Patrick Owomoyela und Marcell Jansen, die sowohl in der Abwehr als auch im Mittelfeld eingesetzt werden können, sowie Sebastian Kehl die Nase vorn vor Andreas Hinkel und Thomas Hitzlsperger.
Fünfter Stürmer noch offen
Offen ist noch, ob im Sturm Oliver Neuville oder Mike Hanke den Vorzug bekommen werden. Die sportliche Leitung der DFB-Auswahl gab aber bekannt, dass man auf jeden Fall mit fünf Angreifern zur Weltmeisterschaft fahren wird.
Die fünf ausgemusterten Kandidaten sollen sich aber nach Klinsmanns Wunsch nach der Bekanntgabe des Kaders am 15. Mai in Berlin weiterhin auf Abruf fithalten.
"Sie bekommen einen Trainingsplan, werden aber nicht bei der Vorbereitung dabei sein. Die Erfahrung aus dem Confed Cup, als wir drei Spieler nachgeholt haben, sollte für sie Motivation genug sein", sagte er.
Keine Sorge bei den Edel-Reservisten
Sorge, dass Nowotny oder auch der zur Nummer zwei zurückgestufte Oliver Kahn sich nicht mit der Rolle als Reservist begnügen und entsprechend für schlechte Stimmung sorgen könnten, hat Klinsmann nicht.
"Bei Jens müssen wir noch beraten, ob er dabei sein wird. Aber grundsätzlich überlegen wir bei jeder Nominierung immer: Was gibt der Spieler der Mannschaft, auch außerhalb des Platzes. Da wird jeder Spieler eine Aufgabe haben für die Gruppe", erläuterte der 41-Jährige.
"Oliver Kahn wird dabei eine sehr wichtige Rolle spielen können für den Teamgeist und die Motivation."
Köpke lobt Kahn
Ähnlich beurteilte Torwarttrainer Andy Köpke die Situation nach der Entscheidung für Jens Lehmann.
"Oliver hat sich klar geäußert, dass er sich als Teil des Teams sieht und es gibt keinen Grund daran zu zweifeln", sagte der Ex-Nationalkeeper.
"Auch bei den drei Turnieren 1994, 196 und 1998, bei denen wir Rivalen waren, war es ein absolut fairer Konkurrenzkampf ohne linke Tricks. Dass er nicht zufrieden war mit seiner Rolle als Nummer zwei, gehört zum Leistungssport dazu."
"Jeder Deutsche wünscht uns eine erfolgreiche WM"
Damit widersprach Köpke ebenso deutlich den Einschätzungen von Dauer-Kritiker Sepp Maier wie Klinsmann, der auch die Ansicht von Lothar Matthäus nicht teilt. Dieser hatte erklärt, die deutsche Elf werde höchstens das Achtelfinale erreichen.
"Ich glaube auch nicht, dass uns einige Experten ein frühes Ausscheiden wünschen", meinte der Bundestrainer. "Wenn das Turnier losgeht, wird jeder Deutsche wünschen, dass wir eine erfolgreiche WM spielen. Auch der Sepp und Lothar Matthäus."
Bierhoff verärgert über Maier-Kritik
Weit weniger gelassen reagierte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff auf die massiven Vorwürfe von Sepp Maier, der der sportlichen Leitung unter anderem Vetternwirtschaft und den Verzicht auf das Leistungsprinzip vorgeworfen hatte.
"Wer glaubt, dass solche Aspekte bei einer WM eine Rolle spielen könnten, der muss verrückt sein. Das ist lächerlich, haltlos und armselig", sagte Bierhoff.
"Irgendwann ist der Bogen überspannt. Das wollten wir auch Sepp Maier klar machen, von dem wir auch einige Interna kennen, die wir bisher bewusst nicht öffentlich gemacht haben."
Fitness und Teamgeist als Grundvoraussetzung
Im Nachhinein dürfte sich die Führung der Nationalmannschaft mehrfach in ihrer Entscheidung bestätigt gefühlt haben, Maier als Torwarttrainer auszubooten.
Denn Klinsmann und Co. sind überzeugt davon, dass neben absoluter körperlicher Fitness ein funktionierender Teamgeist Grundvoraussetzung für den angepeilten WM-Erfolg ist.
"Brasilien, Argentinien und einige europäische Teams haben spielerisch noch die Nase vorn", sagte Klinsmann. "Aber bei der EM 1996 sind wir aufgrund des Zusammenhalts Europameister geworden und nicht, weil wir die beste Mannschaft waren."
Sollte Deutschland tatsächlich am 9. Juli zum vierten Mal Weltmeister werden, weiß Klinsmann auch schon, wo die Siegesfeiern stattfinden sollen: "Dann fahren wir in Berlin durchs Brandenburger Tor."
Martin Volkmar / Mark Mittasch
Der voraussichtliche WM-Kader
Sicher dabei:
Tor (3): Lehmann, Kahn, Hildebrand
Abwehr (5): Metzelder, Mertesacker, Huth, A. Friedrich, Lahm
Mittelfeldspieler (6): Ballack, Schweinsteiger, Frings, Borowski, Ernst, Schneider
Sturm (4): Klose, Podolski, Kuranyi, Asamoah
Gute Chancen (6):
Owomoyela, Janssen, Nowotny, Kehl, Neuville, Hanke
Schlechte Chancen (4):
M. Friedrich, Sinkiewicz, Hinkel, Hitzlsperger
