Die Erwartungen aller Fans für die neue Spielzeit sind groß, natürlich auch in Leverkusen. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser sagt im BayArena Magazin-Interview, wie der Spagat zwischen sportlichem Erfolg und finanzieller Konsolidierung zu schaffen ist.
BayArena Magazin: Herr Holzhäuser, was erwarten Sie von der Mannschaft?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Zu Beginn der letzten Saison sind Rudi Völler und ich wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass wir einen internationalen Wettbewerb erreichen werden – und sind, als es nicht so gut lief, zunächst dafür teilweise sogar verspottet worden. Also werde ich diesmal das sagen, was ich zu Beginn der Rückrunde gesagt habe: Das Potenzial dieser sicherlich sehr jungen Mannschaft müsste für einen Tabellenplatz reichen, der zumindest für die Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb berechtigt. Trotzdem werden wir uns von Spiel zu Spiel auf die jeweilige Situation einzustellen haben.
BayArena Magazin: In Berbatov, Fritz, Krzynowek und Nowotny haben Sie vier starke bis sehr starke Spieler gehen lassen…
WOLFGANG HOLZHÄUSER: ...und dafür in Stefan Kießling, Sergej Barbarez, Karim Haggui Verstärkungen geholt. Dazu kommen noch Alexander Meyer vom MSV Duisburg und Pirmin Schwegler von Young Boys Bern. Nicht zu vergessen unser jüngster Nationalspieler Assimiou Touré, der bekanntlich ebenfalls viel Talent besitzt.
Wichtig ist für mich ist, dass dies alles – bis auf den Führungsspieler Barbarez, um diese typisch deutsche Definition für einen erfahrenen und leistungsstarken Spielertyp auch einmal zu benutzen – junge Spieler mit großem Potenzial und bester Zukunfts-Perspektive sind. Schon in der vergangenen Saison habe ich immer wieder betont, dass wir um einen Stamm erfahrener Spieler junge Akteure an das Leistungs-Niveau der Bundesliga und auch darüber hinaus heranführen müssen.
Ganz besonders freuen sich Rudi Völler und ich darüber, dass sich eines der größten deutschen Stürmer-Talente, Stefan Kießling, gegen alle noch so prominenten Mitbewerber für uns entschieden hat. Auch er sieht eben die besondere Perspektive bei uns.
BayArena Magazin: Trotzdem sieht das immer noch stark nach „Sparkurs“ aus. Geht das „Gürtel enger schnallen“ immer noch weiter?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Wirtschaftliche Vernunft sichert die Zukunft unseres Vereins und langfristig auch den Erfolg. Dazu gibt es keine Alternative. Wir haben in den letzten Jahren sicherlich die beste Transferbilanz in der Bundesliga erzielt, die Aufwendungen erheblich gesenkt und trotzdem ist es gelungen ein entwicklungsfähiges Team zusammenzustellen.
Ich habe aber auch immer gesagt: Wir haben nur ein Produkt – und das ist Fußball. Und dieses Produkt muss erfolgreich sein, um es erfolgreich vermarkten zu können. Deshalb haben wir auch beispielsweise für Stefan Kießling und Karim Haggui durchaus relativ viel Geld ausgegeben. Es bleibt dabei: Wir werden so viel wie möglich investieren, um erfolgreich zu sein. Gleichzeitig aber auch so viel wie nötig sparen, um wirtschaftlich nicht mehr in Schwierigkeiten zu kommen. Erfolg muss eben auch auf Dauer bezahlbar bleiben.
BayArena Magazin: Apropos sparen: Beim Rätselraten um die plötzliche Leistungsstärke der deutschen Nationalelf wurde auch Kritik an den Trainingsmethoden der Bundesliga-Clubs laut. Oft war von nicht ausreichender Fitness der Spieler die Rede. Angeblich seien modernere Methoden zu teuer. Lassen Sie sich die Fitness Ihrer Spieler zu wenig kosten?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Zunächst einmal zum Erfolg der Nationalmannschaft. Die Stimmung in der Bevölkerung war einfach überwältigend. Jürgen Klinsmann und seinem Team ist es gelungen, ihre positive Philosophie auf alle zu übertragen: auf die Mannschaft, auf sein Umfeld und auf die Fans. Das ist die eigentliche große Leistung. Dass dann noch der sportliche Erfolg eintrat, war sicher für viele überraschend. Aber man muss bei aller Euphorie auch feststellen dürfen, dass der Heimvorteil bei einer Welt- oder Europameisterschaft den Gastgeber oft zu außergewöhnlichen Leistungen befähigt.
Ein Heimvorteil beflügelt halt. In jeder Hinsicht. Und in diesem Zusammenhang darf man sicher auch einmal erwähnen, dass wir bei der letzten Weltmeisterschaft 2002 Vizeweltmeister geworden sind und das auch mit Spielern aus der Bundesliga, ohne amerikanische Spezialisten für Fitness oder Schweizer Scouting-Chefs. Ich sage dies nur, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass in der Bundesliga hervorragende Arbeit geleistet wurde und wird.
Und: Es ist sicher auch einfacher, Spieler, die in ihren Vereinen fit gemacht und gehalten werden, auf ein einziges Ereignis hin zu „trimmen“. Im normalen Profi-Spielbetrieb wird 34 Mal und teilweise noch öfter Spitzenleistung erwartet. Nun zu Bayer 04. Wir haben in Michael Skibbe einen Trainer der jungen Generation, der mit den modernsten Trainingsmethoden vertraut ist und damit arbeitet. Dazu gehört auch, die Spieler mental fit zu machen und zu halten.
Wir befassen uns sehr intensiv mit Leistungs-Diagnostik und individueller Trainingsteuerung. Dabei werden wir von der Sporthochschule in Köln im Rahmen eines Projektes unterstützt. Hier werden die Leistungs-Stärken und -Grenzen der Spieler festgestellt, festgehalten, analysiert und Leistung schließlich im Training optimiert. Daran arbeiten Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen. Das kostet Geld, ist aber auch das Geld wert. Soviel zum Sparen, wenn es um die Fitness der Spieler geht.
BayArena Magazin: Sie haben nach der WM die Terminplanung der FIFA kritisiert und beklagt, dass die Spieler zu spät zu ihrer Heim-Mannschaft stoßen und einen „Einbruch“ der Leistung vorhergesagt. Ist das nicht ein Freibrief für mangelnde Leistung der Mannschaft von Bayer 04?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Nein. Meine Kritik ging zunächst dahin, dass die Saison bereits wochenlang vor der WM abgeschlossen sein musste, damit die Teams besser eingespielt sind und bei der WM bessere Spiele abliefern sollten. Das heißt, die meisten Spieler der Clubs waren wochenlang ohne Beschäftigung. Nach der WM geht’s aber dann kurzfristig weiter – national und international. Und dann fehlen in der Vorbereitung eben die Spieler zeitweise, die mit ihren Nationalmannschaften bei der WM waren.
Hierzu ein Beispiel: Hätten wir – wie Hertha BSC Berlin – im UI-Cup antreten müssen, so wären wir aufgrund der Weltmeisterschaft gezwungen gewesen, zumindest in den ersten beiden Spielen auf neun oder zehn Stammspieler zu verzichten. Von Chancengleichheit kann man dann nicht gerade sprechen. Das sind sicherlich keine guten Vorausetzungen für eine optimale Vorbereitung. Aber ein Freibrief ist dies sicher nicht. Wir erwarten gerade von diesen herausragenden Spielern – deshalb waren sie ja bei der WM – auch weiterhin herausragende Leistungen.
Dazu gehört der schnelle Anschluss an das Trainings-Niveau der Vereinsmannschaft. Das sieht auch Michael Skibbe so. Auch er erwartet von diesen Leistungsträgern eben auch besondere Leistungen. Aber es ist eben trotzdem nicht auszuschließen, dass es einen Einbruch geben kann – und da sind die Vereine die Leidtragenden. Ich will auch deutlich sagen, dass es für uns – obwohl wir neun Nationalspieler gestellt haben – keine Parallele zur WM 2002 gibt. Denn damals standen allein fünf Spieler unserer Mannschaft im deutschen Kader. Hinzu kamen noch unsere Brasilianer. Und bekanntlich hatte Deutschland unter Rudi Völler das Finale erreicht – alle waren also bis zum Schluss in Asien.
BayArena Magazin: Mehr Geld aus dem Verkauf der Fernsehrechte. Dafür aber plötzlich weniger Geld aus der Werbung für Wett-Anbieter. Und nun sollen angeblich Werbepartner von Bayer 04 abgesprungen sein. Gehen Bayer 04 die Sponsoren-Gelder aus?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Nein! Wir haben beispielsweise mit der Bayer AG, mit Adidas, oder auch mit RWE – der Vertrag läuft ja noch – sehr verlässliche Partner. Das gilt auch für all diejenigen, deren Engagements mit uns nicht so umfangreich, dafür aber zahlreich sind. Zugegeben, von Samsung hatten wir uns mehr versprochen, aber damit müssen und können wir auch leben.
Natürlich hat die WM den Unternehmen die Sponsorenkassen „geplündert“, aber auf solche Situationen muss man vorbereitet sein – und das sind wir auch.
Was die Fernsehgelder und die Situation um die Werbung von Wettanbietern angeht, ist zunächst einmal festzuhalten, dass die Vereine durch einen sehr guten Vertrag, den die DFL abgeschlossen hat, erheblich mehr Geld bekommen. Bei der Werbe-Situation der Wettanbieter ist der letzte Stand sicher noch nicht erreicht. Bisher ist bei der Sponsorenschaft und den Werbegeldern alles Kaffeesatz-Leserei.
BayArena Magazin: In der letzten Saison haben nicht nur die sehr guten Leistungen der Mannschaft für Schlagzeilen gesorgt. Es gab einige öffentliche Anlässe, die auch die Fans nicht unberührt gelassen haben. Wird die kommende Saison wieder mit ähnlichen Themen belastet?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Zunächst noch einmal die Feststellung: Nicht wir haben die negativen Schlagzeilen verursacht. Andere haben gegen uns prozessiert und es waren auch andere, die Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt haben – nicht wir! Ich hoffe sehr, dass wir derartige Schlagzeilen wie in der alten Saison nicht mehr erleben müssen. Wir jedenfalls werden alles dafür tun.
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