Rudi Völler grinste in die Runde, versah sein Antlitz noch einmal mit dem typischen Augenzwinkern und sprach: „Schönes Wochenende!“ Was auf zweierlei Weise zu verstehen war: Natürlich als nett gemeinter Abschiedsgruß an seine Zuhörer, aber auch als Fazit des ersten Bundesliga-Spieltages aus Leverkusener Sicht.
Soeben hatte der Bayer-Sportchef den 3:0-Erfolg gegen Alemannia Aachen einer einordnenden Analyse unterzogen, dabei seiner berechtigten Freude über die tadellose Leistung der Mannschaft Ausdruck verliehen, nebenbei auf die Punktverluste solcher Konkurrenten wie Schalke, Hamburg oder Dortmund verwiesen, aber noch im selben Atemzug davor gewarnt, nun in Euphorie zu verfallen. „Wir heben jetzt nicht ab, aber viel besser hätte es für den Anfang nicht laufen können“, fasste Völler zusammen. Ein schönes Wochenende eben.
Zugegeben: Ein Heimsieg über einen wirtschaftlich und personell minderbemittelten Aufsteiger ist für ein Team mit dem Anspruch und dem Potenzial der Leverkusener nicht mehr als ein Akt der Pflichterfüllung. Dennoch gab es für Völler, Trainer Michael Skibbe und alle anderen Bayer-Sympathisanten unter den 22 500 Zuschauern an diesem Nachmittag in der BayArena einiges zu sehen, was dazu angetan war, ihre Hoffnungen auf einen positiven Verlauf der Spielzeit zu nähren. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass man den größten Teil der 90 Minuten in Überzahl bestreiten durfte, nachdem Aachens Torhüter Kristian Nicht in der 24. Minute wegen eines im Übereifer begangenen Handspiels außerhalb des Strafraums die Rote Karte gesehen hatte. Rudi Völler wollte sogar erkannt haben, „dass wir unsere beste Phase mit den tollsten Kombinationen in der Phase hatten, als noch elf gegen elf gespielt wurde“.
Das Bayer-Ensemble überzeugte in allen Mannschaftsteilen. Neuzugang Karim Haggui zum Beispiel wirkte als Innenverteidiger an der Seite Juans derart souverän, als spiele er schon seit Jahr und Tag in Leverkusen. Im Mittelfeld inszenierte der schier unermüdliche und von den WM-Strapazen bereits erstaunlich erholt wirkende Bernd Schneider im Gespann mit Gonzalo Castro auf der rechten Seite immer wieder gefährliche Angriffe, und in der Offensive deutete das neue Duo Sergej Barbarez / Stefan Kießling mehr als einmal an, dass mit ihm noch zu rechnen sein wird.
Die Tore aber erzielten andere. Zunächst Altmeister Carsten Ramelow (32), der es diesmal nicht dabei beließ, im defensiven Mittelfeld gewohnt stellungssicher aufzuräumen, sondern ein ums andere Mal den Weg nach vorn suchte, das Publikum sogar mit Hackentricks verblüffte und in der 32. Minute den mittlerweile für Nicht eingewechselten Stephan Straub im Nachschuss überwand. Hatte er zum 1:0 noch die Vorarbeit geleistet, so reüssierte kurz vor der Pause Gonzalo Castro selbst als Torschütze, profitierte dabei allerdings von einem fatalen Fehlpass des Alemannia-Teamkapitäns Reiner Plaßhenrich. Das 3:0 (60.) gelang schließlich Simon Rolfes, als er die Kugel auf Kießlings Zuspiel artistisch aus der Luft ins gegnerische Tor beförderte.
Ungeachtet dieses Treffers betrieb eben dieser Rolfes am Samstag PR in eigener Sache und empfahl sich für höhere Aufgaben - zumal der Dortmunder Sebastian Kehl als Alternative zu Torsten Frings im defensiven Mittelfeld der Nationalmannschaft aufgrund seiner Verletzung bis zu vier Wochen und damit für drei Länderspiele ausfällt.
Einzig der Platzverweis des eingewechselten Marko Babic wegen einer vom Schiedsrichter-Assistenten wahrgenommenen Tätlichkeit an Sergio Pinto (80.) trübte etwas die Leverkusener Freude über den gelungenen Start. Was dieses Resultat wirklich wert ist, wird sich vermutlich schon am kommenden Samstag zeigen, wenn Bayer bei Werder Bremen anzutreten hat. Sergej Barbarez ist davor nicht bange. „Ich freue mich drauf, zumal uns dort wahrscheinlich noch keiner was zutraut“, sagte der Bosnier, bevor er hinzufügte: „Ich glaube, dass wir eine richtig geile Saison spielen können.“ Und dabei grinste er genauso in die Runde wie Rudi Völler.