Die teilweise fulminante Rückrunde der vergangenen Saison sah ihn als Gewinner. Paul Freier (27) stürmte über die rechte Angriffsseite ins Team und fast noch zur WM, die er schließlich "auf Abruf" verfolgte. Zum ersten Mal seit seinem Wechsel vom VfL Bochum 2004 konnte der Dribbler konstant überzeugen, im Dreier-Angriff auf Rechtsaußen die Lücken reißen, vorbereiten (sieben Mal) und vollstrecken (sechs Mal).
Als am vergangenen Samstag die neue Saison begann, saß Freier wieder auf der Bank. "Tief enttäuscht, keine Frage. Ich hätte mir gewünscht, von Beginn an zu spielen. So bin ich wieder ein paar Schritte zurückgegangen."
Das Problem: Nach dem Weggang von Dimitar Berbatov und der Verpflichtung von Sergej Barbarez war das System mit drei Stürmern passé. "Auf Rechtsaußen", sagt Freier, "bin ich die Nummer eins bei uns. Rechts im Mittelfeld ist es Bernd Schneider." Den kann er nicht, könnte niemand bei Bayer verdrängen. Trotzdem sagt Freier: "Ich will um meinen Platz kämpfen. Ich will mich nicht nur als Opfer des neuen Systems sehen. Ich will in ein paar Wochen wieder in der Startelf stehen. Ich bin jetzt in dem Alter, in dem ich regelmäßig spielen muss."
Sein Vertrag läuft Ende der Saison aus, Gedanken über die Zeit danach macht Freier sich nicht, "weil ich mich jetzt aktuell nur noch darauf konzentrieren will, wieder ins Team zu kommen. Das ist momentan mein einziges Ziel."
Michael Skibbe hegt Verständnis für den Frust des Angreifers, mehr als die Rolle des ersten Einwechselspielers für die Offensive kann er ihm freilich auch für das Spiel in Bremen nicht anbieten, wenngleich der Coach verspricht: "Paul kann davon ausgehen, dass er häufig spielen wird."
Die Partie beim Titelfavoriten gilt als erste Standortbestimmung für die Bayer-Elf, der Trainer erwartet "ein offenes, offensives Spiel ohne taktisches Geplänkel." Denn: "Dafür stehen beide Mannschaften." In Erinnerung an einige heftige Minusleistungen in der vergangenen Spielzeit mahnt Sportchef Rudi Völler vor allen Dingen Einsatz an: "Verlieren kann man im Sport. Entscheidend ist das 'Wie'.
Spiele wie letzte Saison in Bielefeld oder gegen Mainz dürfen nicht mehr vorkommen. Meine Güte, die Mainzer müssen uns ja dankbar sein. Gegen die haben wir zwei Mal verloren, waren grottenschlecht und haben denen sechs Punkte gelassen. Ohne die wären sie abgestiegen."
Mit Leistungen dieser Art will Völler sein Team nicht mehr in Verbindung gebracht sehen: "Diesen Trend darf es nicht mehr geben." Macht er sich Sorgen? "Nein, wir fahren mit breiter Brust nach Bremen." Na, denn!
Frank Lußem