Harter Kampf um die Goldene Ananas

  • VON KERSTIN THESING, 27.08.06, 22:34h, AKTUALISIERT 27.08.06, 22:37h


    LEVERKUSEN. Die meisten Fans in der BayArena hatten gedacht, die Goldene Ananas für die verblüffendste Minus-Leistung bei Bayer 04 Leverkusen sei schon vergeben. Immerhin hatte Innenverteidiger Ahmed Madouni mit einem sehenswerten Kopfballtreffer ins eigene Tor zum 1:1 (70.) für den VfL Wolfsburg ausgeglichen. Dann aber kam der „große“ Moment des Carsten Ramelow. Der Bayer-Kapitän rempelte ein bisschen im Mittelfeld, der wenig souveräne Schiedsrichter Helmut Fleischer pfiff, worüber sich der 32-Jährige wiederum dermaßen engagiert und ausführlich echauffierte, dass ihm Fleischer erst die Gelbe und dann die Gelb-Rote Karte zeigte.


    Es liegt in der Natur der Sache, dass Schiedsrichter („ich hatte keine andere Wahl“) und Fußballer („ich hab ihn nicht beleidigt“) eine ziemlich konträre Sicht der Dinge haben. Davon konnte sich auch Bayer-Trainer Michael Skibbe überzeugen, der mit beiden Beteiligten Einzelgespräche führte. „Die Gelb-Rote Karte war enorm ärgerlich, weil sie uns um die Möglichkeit gebracht hat, mehr Druck auszuüben“, ärgerte sich der Trainer. Mannschaftsintern hat das dusselige Verhalten seines Kapitäns aber keine besonderen Folgen - abgesehen von der Geldstrafe, die für „Gelb-Rot wegen Meckerns“ im Strafenkatalog festgehalten ist.


    Die Szene passte zum gesamten Auftritt von Bayer an diesem Nachmittag. Mit siebenminütiger Verspätung begann die Partie gegen die Niedersachsen - die Vollsperrung der A3 hatte auch im Leverkusener Stadion ihre Spuren hinterlassen. Aber auch nach dem Anpfiff kamen die Hausherren nicht so richtig in Schwung. Einzig Bernd Schneider überzeugte nach seiner Genesung. Der Nationalspieler verdrängte Paul Freier wieder aus der ersten Elf. Die Leverkusener erarbeiteten sich gegen defensiv clevere Wolfsburger weniger Tormöglichkeiten als zuletzt und die wenigen vergaben sie. „Wir laufen unseren Chancen hinterher“, ärgerte sich Angreifer Stefan Kießling, der noch immer auf sein erstes Saisontor für Bayer wartet. „Er muss damit umgehen können“, sagte Trainer Skibbe, „Stefan fehlt noch die Ruhe vor dem Tor. Wichtig ist, dass er unser Vertrauen spürt.“


    In der 33. Minute spürte Wolfsburgs Uwe Möhrle im eigenen Strafraum die Hände von Tranquillo Barnetta und ging zu Boden. Den folgenden Treffer von Schneider gab Schiedsrichter Fleischer zu Recht nicht, und so musste ein Abwehrspieler für das erste Bayer-Tor sorgen. Juan köpfte in der 49. Minute nach einer Ecke von Schneider und Kopfball-Verlängerung von Madouni zum 1:0 ein. „Statt dann weiter Gas zu geben, haben wir einen Gang zurückgeschaltet“, kritisierte Jörg Butt - alle, bis auf den Torwart selbst. Der hielt mit zwei großartigen Reflexen seinen Kasten sauber. Gegen den eigenen Mann - Madouni - hatte er allerdings dann keine Chance. „Da sieht der Ahmed natürlich ein bisschen unglücklich aus“, sagte Butt, der sich allerdings viel mehr über Kapitän Ramelow ärgerte. „Es ist immer schlecht, wenn du wegen Meckerns vom Platz fliegst und so deine Mannschaft schwächst.“


    Als Fazit bleibt, dass den Wolfsburger das Kunststück gelang, ohne eigenen Torerfolg drei Punkte aus den ersten drei Spielen zu holen. Die Leverkusener haben zwar einen Punkt mehr, sind aber nach einem furiosen Saisonauftakt wieder im Alltag angekommen.

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