Harmlos weiter, weiter harmlos

  • VON STEPHAN KLEMM, 10.09.06, 21:13h


    Beim Zweitligisten TuS Koblenz gewinnt der Bundesligist glücklich im Elfmeterschießen.


    Koblenz - Das Stadion ist ein notdürftig erneuertes Provisorium, in der Abwehr des dort auftretenden Klubs spielt der wohl dickste Profi des deutschen Fußballs und dann war auch noch traumhaftes Wetter am Mittelrhein. Dass es einem durchaus besseren Standard gewöhnten Team wie Bayer 04 Leverkusen bei so viel kuriosem Drumherum ziemlich schwerfällt, so richtig energisch aufzutreten, ist durchaus möglich. Und so geschehen, als Bayer 04 am Samstag im Koblenzer Stadtteil Oberwerth vom dortigen Zweitligisten TuS Koblenz zu einem Pokalspiel der ersten Runde geladen wurde. Der Spielverlauf ist also keine Überraschung, der Ausgang aber auch nicht: 1:1 stand es nach regulärer Spielzeit, 2:2 nach Verlängerung, aber dann doch 5:3 nach Elfmeterschießen für den Favoriten aus der Bundesliga. „Egal wie, Hauptsache weiter“, fand hinterher Hans-Jörg Butt. Der Torhüter erzählte auch noch: „Wenn man weit kommen will im Pokal, braucht man das Ganze wohl genauso: Verlängerung und Elfmeterschießen.“


    Lange Zeit hatte sich Koblenz mit seiner Idee des Spielverlaufs durchgesetzt: Sture, harte Defensive plus Konterfußball. Es klappte ganz gut, insbesondere, weil das rundliche Innenverteidiger-Faktotum Joshua Grenier jegliche Leverkusener Angriffe überraschend gekonnt abblockte. Richtig gefährlich war Leverkusen deshalb insgesamt nicht. Und das ist das Problem, denn richtig gefährlich war Leverkusen in dieser Saison noch nie, selbst beim 3:0-Erfolg am ersten Bundesliga-Spieltag gegen Aachen hat man reichlich viele Chancen nicht verwertet.


    In Koblenz hat Bayers Trainer Michael Skibbe „mal eine Idee“ umgesetzt. Auf die Verletzung des Stürmers Stefan Kießling reagierte er also, indem er Paul Freier, Sergej Barbarez und Andrej Woronin ganz vorne aufbot. Es klappte nicht, weil vor allem Woronin völlig außer Form ist. Ballannahme und Ballkontrolle waren am Samstag katastrophal - für Skibbe ist das aber nicht so überraschend: „Er hat lange nicht gespielt. Er braucht Spielpraxis.“ Gerade jetzt, denn wann Kießling, der bisher auch noch nicht als enormer Chancenverwerter aufgefallen ist, wieder fit sein wird, ist offen.


    Tore fielen aber trotzdem, das 1:0 für Koblenz erzielte der Ex-Leverkusener und -Kölner Evangelos Nessos mit einem direkt verwandelten Freistoß (53.), ehe Juan vier Minuten später ausglich. In der Verlängerung ging Koblenz erneut in Führung, diesmal traf mit Kenan Sahin noch ein Ex-Leverkusener (105.), der Ausgleich gelang Bernd Schneider fünf Minuten vor dem Elfmeterschießen, in dem Koblenz dann die vorher erstaunliche Konzentration verloren ging: drei Fehlschüsse.


    Für Leverkusen bedeutet das: Man reist nun also nicht mit einem kollektiven Fausthieb in den Unterleib nach Genf, wo man am Donnerstag zum Hinspiel der ersten Runde des Uefa-Pokals auf den FC Sion trifft. Also wieder ein Pokalspiel, wieder gegen einen Gegner, der nicht so stark eingeschätzt wird wie der Favorit aus Leverkusen, wieder ist ein Weiterkommen Pflicht. Skibbe sagt dazu: „Sion wird nicht einfacher als das Spiel in Koblenz. Um dort zu bestehen, müssen wir konzentriert spielen, unsere Torchancen besser nutzen und dürfen uns nicht rauslocken lassen.“ Seine Mannschaft muss also alles besser und anders machen als in Koblenz. In der Schweiz wird der am Samstag verletzte Kapitän Carsten Ramelow (Oberschenkelverhärtung) wohl wieder in die Startelf zurückkehren; dort bleiben soll auch Woronin. Denn Skibbe hat ja entschieden: „Er braucht Spielpraxis.“


    TuS Koblenz: Gurski - Evers, Grenier, Tiéku, Wiblishauser - Ziehl, Nessos (100. Olmunide), Sukalo, Dzaka (110. Forkel), Langen - Keita (84. Sahin); -


    Bayer 04: Butt - Castro, Juan, Madouni, Stenman (69. Babic) - Rolfes, Schneider, Barnetta (106. Schwegler) - Freier, Barbarez, Woronin (77. Papadopulos); -


    Zuschauer: 12 050; -


    Tore: 1:0 Nessos (53.), 1:1 Juan (58.), 2:1 Sahin (104.), 2:2 Schneider (115.); - Elfmeterschießen: 1:0 Grenier, 1:1 Schneider, Sukalo scheitert an Butt, 1:2 Rolfes, Wiblishauser verschießt, Juan scheitert an Gurski, Ziehl verschießt, 1:3 Freier.

    http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1157542140747