Positive Ruhe unterm Bayer-Kreuz
Es ist ruhig geworden um Bayer Leverkusen. Kein Hurra-Geschrei mehr wie beim Einzug in das Champions-League-Finale 2002, keine juristischen Auseinandersetzungen wie mit Jens Nowotny oder Reiner Calmund.
Wolfgang Holzhäuser empfindet die Zeit fehlender Negativ-Schlagzeilen als angenehm, obwohl ihm die eine oder andere positive Reiberei vielleicht nicht ungelegen käme: "Zu viel Harmonie sei auch nicht gut, bekam ich erst vor kurzem zu hören", sagt der Geschäftsführer der Leverkusener Fußball-GmbH vor dem UEFA-Cup-Start beim FC Sion.
Es ist erst ein gutes Jahr her, als es noch anders aussah. Klaus Augenthaler wurde entlassen, unter Interims-Cheftrainer Rudi Völler schieden die Bayer-Profis in der ersten UEFA-Cup-Runde gegen ZSKA Sofia kläglich aus. Und mit Michael Skibbe, dem neuen Mann auf der sportlichen Bayer-Kommandobrücke, lief es anfangs alles andere als rund. Die "Holzhäuser raus"-Rufe der Fans waren laut und verstummten erst, als das Team eine herausragende Rückrunde spielte und sich als Tabellen-Fünfter 2005/2006 erneut für das internationale Geschäft qualifizierte.
Dann gingen auf einen Schlag Torjäger Dimitar Berbatow, Nowotny, Clemens Fritz und Jacek Krzynowek. Als Neu-Leverkusener wurden Stefan Kießling, Sergej Barbarez oder Karim Haggui verpflichtet. Skibbe musste neu aufbauen. "Er ist der richtige Mann für uns. Er ist ein Coach der jungen Generation, der mit den modernsten Methoden vertraut ist und mit ihnen arbeitet", lobt Holzhäuser seinen Chef-Übungsleiter. Und: "Ein Michael Skibbe akzeptiert, dass wir Zwänge haben."
Die sind vor allem finanzieller Natur. Die Zeiten, als man einen Michael Ballack, einen Lucio, einen Zé Roberto und andere internationale Größen ins Rheinland holen konnte, sind vorbei - logischerweise, wie Holzhäuser meint: "Wirtschaftlich vernünftiges Arbeiten sichert die Zukunft des Vereins und langfristig auch den Erfolg." Trotzdem investierte Bayer allein in den Nürnberger Kießling und den Tunesier Haggui rund 7,5 Millionen Euro, "durchaus relativ viel Geld", wie Holzhäuser einräumt.
Skibbe soll etwas Neues aufbauen. Man vertraut ihm, man vertraut sich. Das Quartett Holzhäuser, Skibbe, Völler als Sportdirektor und Michael Reschke als Manager arbeitet augenscheinlich ohne Reibungsverluste. Und es soll gemeinsam weiter gehen, damit irgendwann in möglichst naher Zukunft auch einmal der deutsche Meistertitel gefeiert werden kann.
"Dieses Jahr wäre das vermessen, wir wollen unter die ersten Sechs kommen", sagt Holzhäuser, der wahrscheinlich in der Winterpause Nägel mit Köpfen machen und die auslaufenden Verträge mit seinen drei leitenden Angestellten verlängern will. "Wir verstehen uns, es läuft gut zwischen uns, es macht Spaß, auch mit der Mannschaft" - manchmal, so scheint Holzhäuser es zu interpretieren, kann in der Ruhe auch die Kraft liegen.
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Leverkusen gegen FC Sion "Nicht als Favorit"
Vor der Rückkehr auf Europas Fußball-Bühne sind die Profis von Bayer Leverkusen gewarnt. 350 Tage nach dem kläglichen Erstunden-Aus am 29. September 2005 bei ZSKA Sofia steht die Mannschaft beim FC Sion in Genf vor einer schweren Aufgabe.
"Wir sind gegen Sofia sang- und klanglos ausgeschieden. Schon allein aus Prestigegründen darf das nicht wieder passieren", sagte Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser vor dem ersten UEFA-Pokal-Auftritt des Bundesligisten im Stade de Genève.
"Sion steht in der Schweizer Liga auf Platz eins. Die dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen", zollt Holzhäuser dem Aufsteiger-Team Respekt. Schließlich hat Sion im April gegen die Young Boys Bern als erster unterklassiger Club den nationalen Pokal gewann. "Wir treten in Genf nicht als Favorit an, obwohl wir überzeugt sind, dass wir gegen Sion bestehen können", sagte Holzhäuser und stellte klar, "dass die dritte Runde unser Minimalziel ist. Vom Anspruch her sind wir ein Verein, der immer international vertreten sein sollte."
Doch noch dümpelt die Bayer-Mannschaft dahin. In der Bundesliga ist Bayer Achter, die erste Runde im DFB-Pokal überstand die Mannschaft von Trainer Michael Skibbe beim Zweitligisten TuS Koblenz erst im Elfmeterschießen. Trotzdem, so Holzhäuser, sei man unter dem Bayer-Kreuz "mit den bisher gezeigten Leistungen nicht unzufrieden. Aber es ist noch nicht der Rhythmus drin." Die Mannschaft indes bereite ihm Spaß und zeige selbst viel Freude: "Das merkt man. Die Zusammensetzung ist sehr gut."
Beim FC Sion, der mit einem 1:0 beim FC Thun die Tabellenführung übernahm, tritt Bayer mit einem Handicap an: Neueinkauf Stefan Kießling steht wegen seiner Muskelverletzung im Angriff nicht zur Verfügung. Wenigstens kann der tunesische Verteidiger Karim Haggui wieder dabei sein. Dagegen wird außer Kießling auch Kapitän Carsten Ramelow (Muskelprobleme) ausfallen - laut Skibbe "ein schwer wiegender Verlust, den wir aber auffangen können, weil wir im Mittelfeld sehr gut besetzt sind".
"Das ist ein harter Brocken", sagte Skibbe vor dem Abflug vom Köln-Bonner-Flughafen und denkt vor allem dabei an Sanel Kuljic. Der österreichische Angreifer hat in der Schweizer Super League für den FC schon sieben Saisontreffer erzielt: "Sion ist furios gestartet, und die sieben Tore von Kuljic sind eine verdammt gute Quote." Doch daran stört sich Skibbe nicht und verweist auf ein simples Rezept: "Hinfliegen, gut spielen und ein gutes Ergebnis erzielen.