Es ist die Routine, die den Fußballprofi Sergej Barbarez so lässig macht. "Ich bin jetzt fast 35 Jahre alt", sagte der Stürmer von Bayer Leverkusen achselzuckend nach dem trostlosen 0:0 im Uefa-Cup-Hinspiel beim Schweizer Tabellenführer FC Sion, "ich kann auch jetzt ganz gut schlafen". Nun ja, an so viel Pech in Serie - "vier Mal Aluminium in vier Spielen" - daran könne er sich in seiner Karriere, in der immerhin schon 272 Spiele und 84 Tore allein in der Bundesliga zu Buche stehen, auch nicht erinnern. Und doch verbreitete der Bosnier Zuversicht für das Auswärtsspiel am Sonntag bei Eintracht Frankfurt (17 Uhr).
Es waren freilich nicht nur diese vier Pfosten- und Lattentreffer des nominell einzigen Stürmers, die den Kölner Express nach dem dürftigen Europapokalauftritt zur treffenden Schlagzeile "Bayer weiter sturmfrei" veranlassten. In den fünf Pflichtspielen hat bislang noch kein einziger Bayer-Stürmer getroffen. Neben Barbarez vergab Neuzugang Stefan Kießling, der in Frankfurt knieverletzt ausfällt, in den ersten drei Spielen ebenfalls hochkarätige Einschussmöglichkeiten. Und auch das in der letzten Saison so hoch gelobte offensive Mittelfeld der Leverkusener entwickelt bislang nicht die gewohnte Durchschlagskraft. Tranquillo Barnetta, der talentierte Schweizer Nationalspieler, wirkt laut Michael Skibbe "manchmal müde", weshalb er in Frankfurt womöglich gegen den Brasilianer Athirson ausgetauscht wird. Allein der hochaktive Bernd Schneider, dessen geringe Effizienz beim Torschuss schon buchstäblich geworden ist, gelang beim peinlichen 5:3-Sieg nach Elfmeterschießen im DFB-Pokal bei der TuS Koblenz ein Tor aus dem Feld, und Paul Freier verwandelte lediglich (beim 1:2 in Bremen) einen Elfmeter. So sind die Leverkusener derzeit angewiesen auf Standardsituationen, in denen Haggui, Juan oder Madouni wenigstens per Kopf Torgefahr kreieren. "Wir haben uns wenigstens die Chancen herausgespielt", tröstete sich Skibbe am Donnerstag Abend.
Kompliziert macht die Situation unter dem Bayer-Kreuz, dass mit Andrey Voronin ein Vollblut-Stürmer derzeit nur auf der Bank sitzt. Der 27-Jährige, der vor der Saison noch mit Michael Thurk (damals in Mainz) getauscht werden sollte, ist das prominenteste Opfer im System des Trainers. Seitdem Skibbe nämlich im Herbst 2005 mit der Umstellung auf eine 4-2-3-1-Formation die nötige Sicherheit im Spiel nach hinten schuf, darf Voronin zumeist nur zuschauen. Auch am Sonntag darf Voronin maximal auf eine Chance als Joker hoffen. Da Carsten Ramelow wegen Gelb-Roter Karte gesperrt ist, wird wahrscheinlich der 19jährige Schweizer Pirmin Schwegler, der im Sommer von den Young Boys Bern an den Rhein kam, neben Simon Rolfes im defensiven Mittelfeld zu seiner Bundesliga-Premiere kommen.
Welche Bedeutung das morgige Auswärtsspiel in Frankfurt hat, verdeutlicht ein Rückblick auf die letzte Spielzeit. Denn damals entließ Leverkusen überraschend seinen bis dato erfolgreichen Trainer Klaus Augenthaler, als dieser nach vier Spieltagen nur vier Punkte aufweisen konnte - eine Konstellation, die Bayer bei einer Niederlage erneut droht. Sollte dieser Fall eintreten, wird Skibbe sicherlich nicht das gleiche Los ereilen, zumal vor dem Hintergrund der gemeinsamen Arbeit mit dem Ex-Teamchef Rudi Völler. Aber mit der Ruhe, die derzeit noch von der Führungsebene ausgestrahlt wird, dürfte es dann vorbei sein.