Eigentlich dürfte man sich nicht sonderlich darüber wundern, wenn Michael Skibbe in der Woche der Wahrheit im Umgang mit seinen Leverkusener Fußball-Profis die Tonart wechselte. Denn nicht nur für den Club, auch für den üblicherweise eher sanftmütig und sachlich veranlagten Trainer selbst steht viel auf dem Spiel: Im heutigen Uefa-Cup-Erstrundenmatch gegen den FC Sion (20.30 Uhr / live im ZDF) vor allem Bayers internationale Reputation und abgesehen davon auch noch ein paar Euro. Am kommenden Sonntag gegen den FC Schalke 04 dann der Anschluss an die Bundesligaspitze. „Zwei Siege, ganz einfach“, hatte Skibbes Vorgesetzter Rudi Völler gefordert. Geht die einfache Sache aber schief, droht Ungemach.
Trotz der zuletzt höchst fragwürdigen Leistungen seiner Spieler sieht Skibbe dennoch keine Veranlassung, die balltretende Belegschaft bei den Übungseinheiten vielleicht mal härter anzufassen: „Die Sinne sind total geschärft - bei jedem Einzelnen“, versichert der Coach. Seine Jungs auf dem Trainingsplatz zusammenzufalten, liegt ihm deshalb fern.
Sollte der den Werkskickern attestierte Scharfsinn tatsächlich genügen, gegen den Schweizer Tabellenzweiten in die Gruppenphase des Uefa-Cups einzuziehen? „Da wollen wir hin, das werden wir mit aller Macht anstreben“, verspricht Skibbe. Nur leider erwies sich seine Elf in den letzten Wochen zuweilen eben als recht machtlos gegenüber renitenten Gegnern, die sich von der Qualität Bayer Null-Viers partout nicht überzeugen lassen wollten. Dazu gehörte im Hinspiel vor zwei Wochen (0:0) auch der FC Sion. „Eine sehr konterstarke Mannschaft, das müssen wir berücksichtigen“, meint Leverkusens Cheftrainer. „Sie ist im Offensivbereich ausgezeichnet besetzt. Eine gute Hausnummer.“
Was freilich auch die Bismarckstraße 122 bis 124 im Leverkusener Ortsteil Manfort bleiben soll. Am Standort der BayArena, die der europäische Fußball-Adel in der jüngeren Vergangenheit so oft als noble Adresse erlebte, wird weiterhin in internationalen Dimensionen gedacht. „Wir reden gar nicht vom Ausscheiden“, betont Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, der allerdings der uneffizienten Schönspielerei überdrüssig ist und einen Vergleich zum Skispringen wählt: „Es gilt auch die Weite, nicht nur die Haltungsnote.“
Skibbes Quintessenz: „Für uns zählt nur ein Sieg.“ Die Voraussetzungen, ihn zu erringen, sind gut. Bis auf die Langzeitverletzten Alexander Meyer, Roque Junior und Assimiou Touré sind alle Mann an Bord.
Die voraussichtlichen Aufstellungen: Leverkusen: Butt; Haggui, Madouni, Juan; Schneider, Ramelow, Rolfes; Freier, Barnetta (Schwegler); Barbarez, Kießling (Voronin). - Sion: Vailati; Gaspoz, Kali, Joao Pinto, A. Bühler; Chedli, Gelson; Obradovic; Reset (Saborio), Regazzoni; Kuljic. - Schiedsrichter: Eriksson (Schweden).