"Für mich zählt nur das Weiterkommen"

  • 2006.09.28


    Tranquillo Barnetta und Pirmin Schwegler: Zwei Profis, die in diesen Tagen nicht nur als Spieler gefordert sind. Die beiden Schweizer sind gefragte Experten vor dem Rückspiel gegen ihre Landsleute vom FC Sion. Auch das BayArena Magazin hat sich mit den zwei Nationalspielern unterhalten.


    BayArena Magazin: Tranquillo, Pirmin, mal Hand aufs Herz, würde es euch ein bisschen weh tun, wenn Ihr am Donnerstag eine schweizerische Mannschaft aus dem UEFA-Pokal werft?


    BARNETTA: (lacht): Nein, das würde mir nicht weh tun. Ich kenne zwar den ein oder anderen beim FC Sion und habe auch ein paar Freunde dort, aber auf dem Platz gib’s keine Freundschaft. Wir wollen uns unbedingt für die Gruppenphase im UEFA-Cup qualifizieren.


    SCHWEGLER: Sehe ich genauso. Freundschaften sind da für 90 Minuten oder länger absolut zweitrangig. Für mich zählt nur das Weiterkommen.


    BayArena Magazin: Ihr kennt einige Spieler von der schweizerischen U 21...


    BARNETTA: Ja, Pirmin und ich haben kürzlich mit der U 21 gegen England gespielt. Da waren auch Arnaud Bühler und Gelson Fernandez vom FC Sion dabei. Natürlich flachst man dann ein bisschen auch über das Aufeinandertreffen im UEFA-Pokal. Aber keine Sorge, wenn wir gegeneinander spielen, dann geht’s zur Sache.


    BayArena Magazin: Seid Ihr überrascht, dass der FC Sion nach neun Spieltagen die Tabelle der Schweizer Super League mit anführt?


    SCHWEGLER: Wenn man bedenkt, dass der Klub gerade erst in die erste Liga aufgestiegen ist, dann ist das schon ein bisschen überraschend. Allerdings hat sich Sion zu Beginn der Saison sehr gut verstärkt. Da ist sehr viel Qualität in der Mannschaft. Und der Präsident ist bekannt dafür, dass er sich immer sehr hohe Ziele setzt.


    BARNETTA: Sion hat wirklich ganz gut eingekauft vor der Saison. Trotzdem: Wenn wir unser Potenzial ausschöpfen, dann kommen wir weiter.


    BayArena Magazin: Wie intensiv verfolgt Ihr das Geschehen in der Schweizer Super League?


    SCHWEGLER: Im Fernsehen bekomme ich nichts davon mit. Aber natürlich bin ich über Zeitung und Freunde über die Ergebnisse informiert.


    BayArena Magazin: Ist das 0:0 aus dem Hinspiel nicht ein verdammt gefährliches Ergebnis?


    BARNETTA: Ja, schon. Man darf natürlich kein Gegentor bekommen, da müssen wir höllisch aufpassen. Auf der anderen Seite bin ich sicher, dass wir wie im Hinspiel wieder unsere Chancen bekommen werden. Es war ärgerlich, dass wir keine davon nutzen konnten. Das müssen wir diesmal besser machen. Jeder weiß jedenfalls, dass wir ordentlich Gas geben müssen. Ich bin deshalb überzeugt davon, dass wir in die nächste Runde kommen.


    BayArena Magazin: Die Fans in Leverkusen sind heiß auf internationale Spiele. Was bedeutet Euch die Teilnahme am UEFA-Cup?


    BARNETTA: International zu spielen ist für jeden Fußballer das Größte. Ob mit der Nationalmannschaft oder mit dem Klub, das sind immer Highlights. Du kannst Dich einem Millionenpublikum präsentieren, das ist doch toll. Also, der UEFA-Cup besitzt einen sehr hohen Stellenwert.


    SCHWEGLER: Ich finde auch, dass dieser Wettbewerb nach seiner Reformierung an Attraktivität gewonnen hat.


    BayArena Magazin: Pirmin, Du standest in Genf ja zum ersten Mal in einem Pflichtspiel für Bayer 04 in der Anfangsformation. Hattest Du damit gerechnet?


    SCHWEGLER: Ich war zumindest nicht überrascht. Als Spieler muss man immer bereit sein. Ich habe ja sehr gut trainiert und natürlich will man dann, wenn sich die Chance bietet, auch zuschlagen.


    BayArena Magazin: Warst Du zufrieden mit Deiner Leistung?


    SCHWEGLER: Ich denke, fürs erste Spiel war es ganz okay.


    BayArena Magazin: Tranquillo, warum habt Ihr Euch so schwer getan gegen Sion?


    BARNETTA: Ich glaube, wir wollten einfach zu viel. Wir haben schnell nach vorne gespielt, dabei aber viele Ballverluste produziert. Deshalb sollten wir im Rückspiel ruhiger spielen, nicht immer direkt nach vorne. Trotzdem haben wir uns auch im Hinspiel viele Chancen erarbeitet. Wäre eine davon reingegangen, wäre es ein gutes Spiel gewesen. So war’s nur ein mäßiges.


    BayArena Magazin: Der Schweizer Fußball hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Was sind die Gründe für den Aufschwung?


    SCHWEGLER: Das fängt ganz früh an, nämlich in der sehr guten Nachwuchsarbeit, die dort in den vergangenen Jahren geleistet wurde. Das spürt man jetzt, das beginnt nun Früchte zu tragen.


    BayArena Magazin: Ihr selber habt die Nachwuchsausbildung in der Schweiz durchlaufen. Was ist das Besondere daran?


    SCHWEGLER: Ich weiß nicht, ob es so besonders ist. Fakt ist, dass die Trainer sehr gut ausgebildet sind und dass sie alle eine ähnliche Fußball-Philosophie verfolgen. Sie ziehen von der frühesten Jugend an eine bestimmte Taktik und Linie durch. Das macht es den Spielern natürlich leichter, sich frühzeitig einzuspielen. Außerdem wird den jungen Spielern mittlerweile auch das nötige Vertrauen geschenkt.


    BayArena Magazin: Tranquillo, warum hast Du als A-Nationalspieler gegen England noch mal in der U 21 ausgeholfen?


    BARNETTA: Weil es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, zu helfen, wenn ich helfen kann. Die U 21 hatte das entscheidende Spiel in der EM-Qualifikation gegen England zu bestreiten. Ich habe zwar ein Tor gemacht, am Ende reichte es trotzdem nicht, wir kassiertenkurz vor Schluss den Treffer zum 2:3. Das war richtig bitter.


    BayArena Magazin: Die Begeisterung der Schweizer Fans bei der WM in Deutschland war riesengroß. Es waren viele Eidgenossen bei Euren Spielen live im Stadion. Hat sich diese Fußballeuphorie auch auf die Schweiz selbst übertragen? Gehen dort jetzt mehr Zuschauer in die Stadien?


    BARNETTA: Die Begeisterung unserer Fans bei der WM war wirklich großartig. Gerade im Hinblick auf die EM in der Schweiz und in Österreich hoffe ich, dass wir dort dann eine ähnliche Stimmung erleben werden. Ob sich schon jetzt auch die Stadien bei den Spielen in der Super League stärker füllen werden als bisher, das bleibt abzuwarten.


    BayArena Magazin: Hat die Nati, wie Ihr Euer Auswahlteam nennt, das Zeug, bei der EM um den Titel mitzuspielen?


    BARNETTA: Man hat hier in Deutschland bei der WM ja gesehen, was mit Euphorie alles möglich ist. Vor dem Turnier hatte kaum einer den Deutschen so viel zugetraut. Ich hoffe, dass uns ähnliches gelingt. Wir haben jetzt zwei Jahre Zeit, eine vernünftige Mannschaft aufzubauen. Ob es dazu reicht, um den Titel mitzuspielen? Abwarten.


    BayArena Magazin: Pirmin, wie schätzt Du Deine Chancen ein, bei der EM im eigenen Land dabeizusein?


    SCHWEGLER: Das ist natürlich mein großes Ziel. Ich werde bei Bayer 04 hart arbeiten, um mich mit guten Leistungen auch für die A-Nationalmannschaft zu empfehlen. Ich spüre jedenfalls in Leverkusen das Vertrauen des Trainers. Das ist ganz wichtig für mich. Ich bin aber Realist genug um zu wissen, dass die Konkurrenz hier sehr groß ist.


    BayArena Magazin: Tranquillo, Du bist auf dem Weg, wieder ganz der alte zu werden. Zu Saisonbeginn schien Dir noch die WM in den Knochen zu stecken.


    BARNETTA: Ich hatte durch die WM eine sehr kurze Vorbereitung und musste dann in dieser verkürzten Vorbereitung auch noch eine Woche verletzungsbedingt pausieren. Das habe ich natürlich schon gespürt. Mir fehlte etwas die Spritzigkeit. Trotzdem habe ich immer mein Bestes gegeben, um der Mannschaft zu helfen.


    BayArena Magazin: Zum Abschluss ein Tipp, wie geht das Spiel Bayer 04 gegen FC Sion aus?


    BARNETTA: 2:0.
    SCHWEGLER: 3:1.


    bayer04.de