Völlig losgelöst feierte Calle Ramelow auf dem Zaun mit den Fans der Nordkurve, schmiss sein schweißnasses Trikot in die begeisterte Menge. Das gute Ende eines packenden Europacup-Abends wurde wie zu besten Champions League-Zeiten zelebriert.
Es war auch ein nervenaufreibendes Rückspiel, das Zuschauer, Spieler und Trainer durch ein Wellenbad der Gefühle schickte.
Michael Skibbe brachte Gonzalo Castro zurück in die Startelf, in der der U21-Nationalspieler links in der Vierer-Abwehrkette begann. Tranquillo Barnetta musste wegen einer Trainingsverletzung auf einen Einsatz gegen seine Landsleute verzichten.
Mit dem nicht ungefährlichen 0:0-Hinspielergebnis begann Bayer kontrolliert offensiv, ohne die Abwehrarbeit zu vernachlässigen.
Immer wieder Fernschüsse
Fernschüsse waren im ersten Durchgang das bevorzugte Mittel. Paul Freier traute sich einen direkten Freistoß aus 30 Metern zu, den Abpraller setzte Sergej Barbarez von halblinks am langen Eck vorbei (10.).
Auch Andrej Voronin, Castor und erneut Freier versuchten es aus der zweiten Reihe, ohne den guten Vailati im Tor des FC Sion zu gefährden. Die Gäste beschränkten sich auf Abwehrarbeit, brachten nicht mehr als zwei, drei ordentliche Konter vor der Pause zu Stande.
Aber auch Bayer tat sich schwer, erst ein Schnitzer von Pinto brachte Voronin in gute Schussposition. Zu überhastet verfehlte der Ukrainer das lange Eck (31.).
Geduldsspiel
Voronin und Freier hätten auch mehr aus ihrer Überzahlsituation gegen einen Schweizer Abwehrspieler machen können, spielten den Angriff jedoch zu kompliziert aus.
Ein Geduldsspiel in den ersten 45 Minuten, was sich nach der Pause komplett ändern sollte.
Der überragende Bernd Schneider hatte schon nach 60 Sekunden aus 12 Metern das 1:0 auf dem Fuß. Aber kein Vergleich zu den nächsten drei Chancen, die sich Bayer boten.
Drei Hundertprozentige vergeben
Fast hundertprozentige waren es die Juan, Voronin und wieder Juan nicht nutzten. Der Brasilianer hatte das leere Tor vor Augen, um doch aus 5 Metern Vailati anzuköpfen (55.). Voronin traf aus sieben Metern nur ein Abwehrbein (56.) und Juan setzte einen weiteren Kopfball erneut auf die Fäuste von Vailati (57.). Auf der Gegenseite setzte Saborio einen Flugkopfball knapp am Winkel vorbei.
„Das war fast ein Spiegelbild der Bundesliga. Wir haben beste Chancen und machen kein Tor“, stellte Rudi Völler fest.
Jetzt zog Bayer ein wahres Powerplay auf, die Fans standen wie eine Wand hinter der Mannschaft. Und endlich fand Voronin die Lücke. Sein satter Schuss von der Strafraumgrenze schlug rechts oben zum 1:0 ein (62.).
Ramelows Antwort
Barbarez hätte das erlösende 2:0 nachlegen müssen, er scheiterte nach klugem Rückpass von Voronin aus wenigen Metern an Vailati (67.).Spannung pur in der BayArena, denn der Vorsprung war knapp und wurde in der Bundesliga zuletzt immer verspielt.
Und es kam auch diesmal der Rückschlag. Nach Regazzonis Flanke übersah Bayers Abwehr den aufgerückten Fernandes, der unbedrängt das 1:1 köpfte (75.).
Aber diesmal schlug Bayer sofort zurück. Schneiders Schuss von halblinks ließ Vailati zur anderen Seite prallen, von wo Ramelow den Ball aus spitzem Winkel herrlich ins lange Eck hob (76.).
Zwei Platzverweise
Die Chancen aufs Weiterkommen stiegen noch ein Stück, weil Sions Reset wenig später die Ampelkarte sah (80.). Ein weiteres Gegentor wäre das Aus für Bayer gewesen, Obradovic hatte noch eine ordentliche Kopfballchance. Doch Bayer machte den Sack rechtzeitig zu.
Voronin lief allein aufs Tor zu, Kali trat ihn von hinten im Strafraum um. Rot für Kali und Elfmeter für Bayer. Die Aufgabe löste Schneider souverän – 3:1 nach 86 Minuten.
Neben Eintracht Frankfurt hat Bayer 04 als einzige deutsche Mannschaft die Gruppenphase im UEFA-Pokal erreicht. Die Auslosung findet am Dienstag, 3. Oktober statt.
Bayer 04: Butt - Haggui, Madouni, Juan, Castro - Ramelow, Rolfes - Schneider, Barbarez, Freier - Voronin
FC Sion: Vailati - Skaljic, Kali, Pinto, A. Bühler - Reset, Fernandes, Chedli, Obradovic - Kuljic, Regazzoni
Tore: 1:0 Voronin (62.), 1:1 Fernandes (75.), 2:1 Ramelow (76.), 3:1 Schneider (86.)
Einwechslungen: 58. Saborio für Kuljic, 78. Babic für Freier, 80. Diallo für Skaljic, 89. Kießling für Voronin, 90. Schwegler für Schneider
Gelbe Karten: Ramelow, Voronin, Babic, Chedli
Gelb-Rote Karte: Reset (80.)
Rote Karte: Kali (86.)
Zuschauer: 22.500
Schiedsrichter: Eriksson (Schweden)
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"Riesenkompliment an meine Mannschaft"
Stimmen zum Spiel.
Michael Skibbe
"Ein Riesenkompliment an meine Mannschaft, die alles gezeigt hat, was man im UEFA-Cup braucht. Wir haben den Gegner zu vielen Fehlern gezwungen. Das kann uns auch einen Schub für die Bundesliga geben."