Bayer zieht in den Tabellenkeller ein

  • VON DIRK MESCH, 22.10.06, 22:11h, AKTUALISIERT 22.10.06, 22:14h


    LEVERKUSEN. Kein einziger Sieg in der laufenden Meisterschafts-, Pokal- und Champions-League-Saison, 15 Spiele ohne das Gefühl des Gewinnens - wenn denn die hanseatischen Unglücksraben nicht prädestiniert gewesen waren für eine weitere Klatsche in Leverkusen - wer dann? Nach der Partie aber war es die Hamburger Minderheit, die lautstark feierte. Mit 1:2 (1:0) unterlagen Bayers Null-Vierer einem Team, das am Boden lag, aber eindrucksvoll aufstand.


    Entsprechend selig war Thomas Doll. „Wenn man so lange nicht mehr gewonnen hat wie wir, kann sich jeder vorstellen, wie glücklich wir jetzt sind“, atmete der schwer unter Druck stehende HSV-Trainer auf. Sein Bayer-Kollege Michael Skibbe artikulierte seine Analyse logischerweise in Molltönen: „Jetzt müssen wir uns wie der HSV der Situation stellen, dass wir im Tabellenkeller stehen.“


    Bereits zum Ende des ersten Durchgangs war die BayArena bereit, den heimischen Athleten beim Gang in die Halbzeit ordentlich den Marsch zu blasen. Doch dann verhinderte Thimotee Atouba - vorerst - das Pfeifkonzert für die schwachen Gastgeber. HSV-Keeper Sascha Kirschstein hatte den Ball nach einer harmlosen Hereingabe Bernd Schneiders eigentlich schon sicher, da döselte ihm sein Verteidiger Atouba das Spielgerät so unglücklich aus den Händen, dass Andrey Voronin gar nicht anders konnte, als aus kürzester Distanz das schmeichelhafte 1:0 zu wursteln.


    Bis zu dieser 40. Minute waren die Nordlichter die deutlich bessere Mannschaft, Dolls Patienten hätten längst führen müssen. Dass beispielsweise Danijel Ljuboja einen Schnitzer Ahmed Madounis nicht nutzte (7.) oder Boubacar Sanogo das Außennetz anvisierte, als er nur noch das leere Tor hätte treffen oder den mitgelaufenen Ljuboja anspielen müssen (12.) - es grenzte an ein Wunder. Einen Kopfballtreffer Juan Pablo Sorins annullierte Schiedsrichter Dr. Jochen Drees ordnungsgemäß wegen Abseits (19.), bei weiteren Hochkarätern von Sanogo (31.) und Ljuboja, der fünf Minuten später nur den Innenpfosten traf, war Bayer-Keeper Jörg Butt zur Stelle. Bayers Abwehr war bis dahin so schlecht, dass das Aufzählen aller HSV-Chancen den Rahmen der Berichterstattung sprengen könnte. Auf der Gegenseite hatte Juan per Kopfball die beste Chance (39.).


    Nach dem Wechsel machte Skibbe mit der Einwechslung Assimiou Tourés für Stefan Kießling den Defensivverbund kompakter. Doch die Tore des eingewechselten Paulo Guerrero konnte auch dies nicht verhindern. Nachdem Voronin und Sergej Barbarez eine „Riesenchance“ (Skibbe) zum 2:0 ausließen (46.), verwertete der Ex-Münchner mit seinem ersten Ballkontakt zunächst ein Zuspiel Pjotr Trochowskis (71.), um in der 86. Minute nach einer Flanke des Argentiniers Juan Pablo Sorin den Siegtreffer zu erzielen. „Sammeln und aufstehen“ heißt nun Skibbes recht hilflose Devise. Am Mittwoch im Pokalspiel in Duisburg und Samstag in der Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach gilt es. Sonst dürfte er sich bald so fühlen wie Thomas Doll vor dem gestrigen Spiel: Nicht so gut.



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