Michael Skibbe lag am Sonntagabend nach Einschätzung nicht weniger Augen- und Ohrenzeugen ja ohnehin schon etwas schief mit diversen Bewertungen der Sachlage. „Das Spiel im Griff“ hätten sie gehabt und letztlich nur „durch zwei Unaufmerksamkeiten“ verloren. Aber eine Aussage des Leverkusener Trainers nach der 1:2 (1:0)- Heimniederlage gegen die chronisch Erfolglosen vom Hamburger SV war dann fast schon reif für einen Comedypreis: „Das ist für uns natürlich eine ganz blöde Situation“, sagte Skibbe allen Ernstes nach dem neuerlichen Lapsus seiner Mannschaft.
Blöd - das klingt so harmlos - fanden die meisten Leverkusener Fans das Gesehene aber nicht. Eher schrecklich. Denn nach vier Niederlagen und nur zwei Siegen in acht Bundesligaspielen ist die Werkself auf Tabellenplatz 14 angekommen. Mitten im Abstiegskampf.
Rudi Völler, der seinen Tribünenplatz im Stadion vorzeitig verließ, hatte sich schon längst in Luft aufgelöst, als Skibbe Seit' an Seit' mit dem Hamburger Kollegen Thomas Doll Rede und Antwort stand. Nicht jedoch, ohne schnell noch eine Trainerdiskussion auszuschließen, wie es ja auch die HSV-Oberen während der 15 Spiele währenden Sieg abstinenz praktiziert hatten. „Bei uns im Verein herrscht Ruhe“, meinte Bayers Sportdirektor, was natürlich geflunkert war. Denn angesichts der rasanten Talfahrt und der nun anstehenden Aufgaben im DFB-Pokal am Mittwoch in Duisburg und bei der heimstarken Mönchengladbacher Borussia dürften sich die Verantwortlichen, allen voran Völler, mit Sicherheit Gedanken machen, was denn zu tun ist, wenn die Misere unvermindert anhält. Ganz ruhig wird es dabei nicht zugehen.
Dass die Misere nicht weitergehen könnte, ist nach den 90 Minuten gegen den HSV so schwer vorstellbar wie eine Duzfreundschaft zwischen Angela Merkel und Gerhard Schröder. Gehen nämlich Sergej Barbarez, Andrey Voronin & Co. wie am Sonntag durch Voronins Abstaubertor (40.) in Führung, wird der Vorteil gewohnheitsmäßig nicht genutzt. Vor zwei Tagen war es der eingewechselte Paolo Guerrero, der mit seinen beiden Treffern (70., 86.) das Spiel wieder einmal zugunsten des Gegners drehte. „Wir haben es versäumt, das Spiel zu kontrollieren“, haderte Mittelfeldspieler Simon Rolfes, während Skibbe es schlicht „schade“ fand, „dass wir zu selten eine 1:0-Führung über die Bühne bekommen“.
Für Thomas Doll wäre dies trotz durchaus vorhandener Bayer-Chancen absurd gewesen. „Jeder hat gesehen, dass dies ein hoch verdienter Sieg für uns war“, meinte der Hamburger Cheftrainer. Außer natürlich Skibbe, für den seine Truppe, der er „insgesamt keine gute Leistung“ attestierte, dennoch „in der zweiten Halbzeit eigentlich die bessere Mannschaft“ war. HSV-Torhüter Sascha Kirschstein sah das anders: „Wir haben von Anfang an super gespielt und nach Bayers 1:0 eine tolle Moral gezeigt. Leverkusen hätte auch drei oder vier Stück kriegen können.“ Das sagte einer, der in dieser Saison das erste Mal als Gewinner vom Platz ging.