VON UDO BONNEKOH
(RP) Simon Rolfes glaubt die Verunsicherung im Leverkusener Team spüren und sehen zu können. „Bei uns ist jedes Spiel ein Tanz auf der Rasierklinge.“ Nun soll die Trendwende morgen in Mönchengladbach gelingen.
Simon Rolfes kam gestern nach dem Training an die Schranke, die Autogrammjäger und sonstiges eher geduldetes Publikum vom strengstens bewachten Innenhof der BayArena trennt. Und Bayers Mittelfeldmann, bei der Pokal-Niederlage am Vorabend in Duisburg noch einer der besseren Leverkusener und Schütze zum in die Verlängerung tragenden 2:2, zeichnete enttäuscht, aber unaufgeregt den gegenwärtig armseligen Zustand der Mannschaft nach. „Man sieht und spürt förmlich die Verunsicherung. Erfolgreiche Mannschaften lassen nicht so viele Chancen zu wie wir. Bei uns ist jedes Spiel ein Tanz auf der Rasierklinge, alles hängt an einem seidenen Faden.“
Eine natürlichere, die Realität getreu abbildende Beschreibung von Leverkusen als sportlichem Notstandsgebiet hat es zuletzt selten bis nie gegeben. Doch Bayers Verantwortliche üben sich weiter in sanftesten Tönen. „Es besteht kein Grund, über die Mannschaft herzufallen“, sagt Trainer Michael Skibbe, der inzwischen aber nicht um das Bekenntnis herum kommt: „Wir sind in einem Tief.“ Doch aus dem von Rolfes zitierten seidenen Faden soll morgen in der Meisterschaft im Treffen mit Mönchengladbach im Borussia-Park ein Tau werden, aus dem Tief der Aufstieg. Denn: „Wenn wir anknüpfen an die zweite Hälfte und an die Verlängerung, dann ist in Gladbach was zu holen. Und danach kommen Gegner, die wir schlagen können und müssen.“
Aus der Niederlage in Duisburg ist für Skibbe allem Anschein nach fast ein gefühlter Sieg geworden. „Rolfes hat stark gespielt, Kießling ist mal wieder in Richtung Tor gekommen, Freier ist gewachsen und Barnetta auch“, betonte der Trainer, der wie Rudi Völler nichts davon hält, die Ziele zu revidieren. „Wir haben in der Mannschaft viel Talent, wir sind spielstark und kämpferisch und leidenschaftlich. In Duisburg haben wir uns nach Kräften gewehrt“, stellte der Coach fest, der seinen Leuten am Morgen vorm Training eine halbe Stunde lang die Fehler aufgezeigt hatte.
Die verbleibenden Stunden bis zur Partie in Mönchengladbach will der Trainer wieder einmal nutzen, „um in persönlichen Gesprächen und in den Trainingseinheiten“ die stets aufs Neue auftretenden Defizite zu beseitigen. „Wir müssen defensiv besser stehen und den Ball geordnet nach vorn bringen“, fordert der Fußball-Lehrer. In der wie vielten Wiederholung?
„Wenn wir unsere allgemeinen und individuellen Fehler nicht abstellen, wird es schwierig“, sagt Carsten Ramelow, dessen Einsatz morgen wegen einer Knöchelverletzung eher unwahrscheinlich ist. Der Kapitän hat wie sein Kollege Rolfes eine punktgenaue Zustandsbeschreibung: „Jeder hat bei uns mit sich selbst genug zu tun, als dass er anderen helfen könnte.“