Blut und Pfiffe bei Bayer

  • VON KERSTIN THESING, 05.11.06, 21:49h


    LEVERKUSEN. Die Blutspur im Kabinengang der BayArena deutete darauf hin, dass es ein schmerzlicher Nachmittag gewesen war. Mehr als die Platzwunde, die sich Juan bei einem Kopfballduell zugezogen hatte, dürften jedoch die Pfiffe der eigenen Fans und die „Skibbe-raus“-Rufe geschmerzt haben. Nach dem 1:1 (1:1) von Bayer Leverkusen gegen Mainz 05 und dem daraus resultierenden schlechtesten Saisonstart seit 19 (!) Jahren machte sich Enttäuschung breit, die bei vielen Bayer-Liebhabern in Wut gegen den Trainer umschlug. „Natürlich treffen mich diese Rufe“, musste Michael Skibbe einräumen, „ich halte sie für völlig unberechtigt und kann nur darauf hinweisen, dass wir alle hier sehr engagiert arbeiten.“


    Den Bayer-Fans aber reicht Engagement nicht mehr. Nach dem Sieg in Mönchengladbach sollte es gegen die Kellerkinder der Liga Punkte hageln: Ein Dreier gegen Mainz, einer gegen Bochum am Mittwoch, da hätte man selbstbewusst in die Heimpartie gegen Bayern München am Samstag gehen können. Aber gerade von Selbstsicherheit fehlte bei den Bayer-Idolen zunächst jede Spur. Die Mainzer, das 1:6 gegen Bremen im Nacken, bestimmten das Spiel und hatten durch Arne Friedrich die erste Chance (4.) - auch weil der heimische Defensivverbund mal wieder heftig schwankte.


    Bezeichnend für die Leverkusener Gemütslage war der Auftritt von Karim Haggui. Der Verteidiger zeigte sich genau so verunsichert wie vor seinem zuletzt stabilen Auftritt in Gladbach und wurde in der 38. Minute durch Paul Freier ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt stand es schon 0:1. Der frühere Kölner Imre Szabics hatte - allerdings im Abseits stehend - die Führung erzielt. Das Gegentor und auch Paul Freier brachten Schwung in die Partie. Es war nicht immer schön anzuschauen, aber ein paar Mal gelang es den Leverkusenern, sich vor das Tor von Dimo Wache zu kombinieren. Dann aber war es wie so oft in dieser Saison: Sergej Barbarez schießt vorbei, Tranquillo Barnetta tritt über den Ball, Andrey Voronin drischt die Plastikkugel aus zwei Metern Entfernung über das leere Tor.


    Pech? Unvermögen? Mangelnde Konzentration? „Andrey hat mir schon früher bei einem Glas Bier versprochen, dass er, wenn wir einmal gegeneinander spielen sollten, gegen mich kein Tor schießt“, verriet Wache mit einem Augenzwinkern im ZDF-Sportstudio. Der Ex-Mainzer Voronin konnte jedenfalls nicht erklären, was in dieser 34. Minute eigentlich passiert war. Immerhin bestätigte Barbarez seine starke Leistung gegen Gladbach und glich mit einem sehenswerten Linksschuss kurz vor der Pause aus.


    Die zweite Halbzeit glich dann einem Überzahlspiel beim Eishockey. Die Mainzer verteidigten rund um den eigenen 16-Meter-Raum. Den Werkscluberern fiel zu wenig Überraschendes ein, um erfolgreich zu sein. Auch von der Roten Karte gegen Marco Rose in der Schlussminute (nach Foul am eingewechselten Stefan Kießling) und dem damit verbundenen Freistoß konnten sie nicht mehr profitieren. So blieb es beim unbefriedigenden 1:1. „Es ist meiner Mannschaft hoch anzurechnen, dass sie nach 25 Minuten nur noch auf das Tor der Mainzer gespielt hat“, befand Skibbe. Seinem Sportdirektor Rudi Völler kann der Trainer hoch anrechnen, dass er ihn trotz mangelnder Erfolgserlebnisse konsequent schützt. Andererseits weiß natürlich auch der Sportdirektor, dass Skibbe ohne Torgarant Dimitar Berbatov, Abwehrstabilisator Jens Nowotny und mit derzeit nur drei etatmäßigen Verteidigern auskommen muss . . .

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