Ankündigung eines Abschieds
So ein Anfall voller Wut muss anstrengend sein. Das kann man am Ende eines langen Ausbruchs im Gesicht von Christoph Daum ablesen. Es ist angespannt, es leuchtet hellrot. Kraftlos lässt der Trainer des 1. FC Köln seinen Kopf nach links und rechts baumeln. Er will fassungslos aussehen, während er seinen Weltschmerz ausdrückt und pathetisch sagt: „Ich habe immer noch Herzblut für meinen 1. FC Köln.“ Dafür gibt es einen Grund, am Freitag sagt Daum: „Ich habe diesen Klub mit meinen eigenen Händen mit aufgebaut.“ Das war schon mal ein schriller Ausflug in die Vergangenheit, aber dann redet Daum ziemlich deutlich im Imperfekt: „Ich wollte hier etwas Großes aufbauen. Ich hatte mir sehr viel vorgenommen. Das sollte meine letzte Station sein.“ Er wollte, er hatte und es sollte - das alles klingt wie eine versteckte Ankündigung seines Abschieds. Über seine Situation auf der sportlichen Kommandobrücke, vor allem aber über seine Zukunftspläne, behauptet Daum auch noch, „weiß der Verein schon seit Monaten Bescheid“.
Wenn das stimmt, würde es den jüngsten Vorstoß von Wolfgang Overath überflüssig machen. Der Präsident hatte in der vergangenen Woche von Daum gefordert, sich über seine Pläne zu äußern, wofür der wiederum - laut Vertrag - bis Ende Mai Zeit hätte. Offenbar braucht Overath aber noch eine schriftlich fixierte Willenserklärung von Daum, die er im Gegensatz zu ein paar Worten wohl noch nicht hat.
Wegen der von Overath geforderten Klarheit kommt sich Daum nun „vor wie ein Verbrecher“ - und das nur, weil „ich mich vertragsgerecht verhalte“; das Leben sei für ihn zu einem „Spießrutenlaufen geworden“. Dahinter steht ein Gefühl: „Man hat mich auflaufen lassen. Das hat wehgetan.“
Daum ist in einer Situation, die er nicht mag. Er muss sich für Stagnation rechtfertigen, dabei gilt er doch als Synonym für Fortschritt, zumindest hat der 1. FC Köln diesen Inhalt kaufen wollen, als er Daum verpflichtete. Der Trainer wiederum ist trickreich genug, um die Realität auszublenden. Er sagt zwar auch: „Ich habe einiges nicht so umsetzen können, wie ich mir das vorgestellt habe. Das war so.“ Aber im Grunde hat er es ja auch mit einer unglaublich schweren Aufgabe zu tun. Was laut Daum auch an einem Mangel an „gestandenen Spielern“ in seinem Kader liegt. Daum fragt: „Wer ist denn gestanden bei uns?“ Das wiederum ist eine Provokation für seine Leistungsträger, für Torhüter Mondragon etwa, der gehobenes Zweitliga-Niveau repräsentiert. Für seine Innenverteidiger Youssef Mohamad und Kevin McKenna, deren Klasse sich klar über den Schnitt der Liga erhebt. Und vor allem für seine Stürmer Patrick Helmes und Milivoje Novakovic, die als bestes Angriffsduo unterhalb der Bundesliga gelten. Das soll bedeuten: Es kann auch misslingen mit dem Aufstieg.
In dieses Muster passt auch, dass Daum einige Aufstiegskontrahenten über seinen Klub stellt. Mönchengladbach? „Die haben viele Spieler nachholen können.“ Freiburg? „Die auch.“ Hoffenheim? „Die haben sehr viele sehr, sehr gute Spieler. Allerdings kostet ein Spieler von denen so viel wie unsere ganze Mannschaft.“ Über den FC sagt Daum: „Wir, eine Ausnahmemannschaft? Das ist blauäugig. Da machen wir uns selbst was vor. Das ist die Scheiße beim FC.“
An seinen Zielen ändert das alles nichts. „Der Aufstieg bleibt das Wichtigste, was es gibt“, erzählt Daum. Für den Klub. Und auch für ihn selbst. Denn den Sprung in die Bundesliga mit dieser von ihm schlecht geredeten FC-Elf und gegen diese von ihm stark gemachte Konkurrenz erreicht zu haben, wäre ja wieder ein Erfolg, der Daum - so seine Denkweise - auch anderswo interessant machen würde.
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