FC-Krise
Gefangen in der eigenen Welt
Von Christian Löer, 14.09.09, 19:50h, aktualisiert 15.09.09, 10:51h
Ursachenforschung beim 1. FC Köln: Trainer Zvonimir Soldo wirkt mit seiner ruhigen Art geradezu einsam im Klub. Es bleibt die Frage, ob die Spielplaner oder doch die Mannschaft für den Tabellenplatz verantwortlich zu machen sind.
KÖLN - Die Bewältigung der Krise nahm am Sonntagabend derart groteske Züge an, dass es sogar Michael Meier zu wild wurde. Der Manager ist verantwortlich für das sportliche Abschneiden des 1. FC Köln, und die Zwischenbilanz der Saison 2009/2010 ist ein Debakel: ein Punkt, kein Sieg, letzter Platz. Eigentlich ist Meier in vergleichbaren Momenten immer für eine Flucht nach vorn zu haben. Doch als es nach dem 1:2 gegen Schalke 04 um die Frage ging, welchen Einfluss die Farbe des Trikots auf die Resultate habe, erreichte der Mitmach-Wille des 59-Jährigen eine Grenze: „Das ist doch Hokuspokus. Da kann man auch einen Voodoo-Tanz aufführen“, befand Meier. Allerdings wäre er sich untreu geworden, hätte er beim Thema „weiße Trikots“ nicht angebissen. Also schob er hinterher: „Immerhin hieß der 1. FC Köln schon zu Franz Kremers Zeiten Real Madrid des Westens.“ Da war sie wieder, die glorreiche Vergangenheit, ohne die nichts geht beim FC. Statt die Rückkehr nach Europa in Angriff zu nehmen, geben die Kölner jedoch wieder einmal den gestürzten Traditionsklub. Und alles fragt nach dem Warum.
Eine beliebte Erklärung ist der Spielplan, in den ersten fünf Partien trafen die Kölner vornehmlich auf Gegner, die man am Saison-Ende im oberen Tabellen-Drittel erwarten würde. Und es wird noch schlimmer: Nun folgen Stuttgart, Leverkusen, Bayern München.
Ende der Außenseitersiege
In der vergangenen Saison galten Außenseitersiege zwar noch als Kölner Spezialität. Doch damit ist es vorerst vorbei. Der Grund dafür könnte in der Natur des Trainers liegen. Zvonimir Soldos gelassene Art mag nach dem Daueralarm der Daum-Zeiten eine Wohltat sein. Im Misserfolg aber wartet nun alles auf ein Zeichen des Trainers. Dem fällt aber bisher nichts Besseres ein, als die Ruhe zu bewahren.
Soldos Mannschaft ist, so hat Michael Meier es ausgedrückt, „schwierig zu emotionalisieren“. Übersetzt bedeutet das, dass Ich-AGs wie Womé, Petit oder Maniche ihre Station beim 1. FC Köln kaum als den Höhepunkt ihrer Karriere empfinden. Leidenschaft bringt diese Mannschaft jedenfalls nicht auf den Platz, da hat ein 42-jähriger Trainer, der den Akzent eher auf Disziplin und Autorität legt, wenig zu bestellen. Vielleicht passt Soldo einfach nicht zu dieser Mannschaft.
Aber Soldo hat sich diesen Kader ja auch nicht zusammengestellt. Noch wenige Stunden vor Ende der Transferfrist sprachen Soldo, aber auch Meier davon, um Verstärkungen zu kämpfen. Doch keiner kam, weil zwar die Problem-Positionen benannt waren, jedoch niemand wusste, wie man diese Positionen besetzen sollte.
Michael Meier hat einmal gesagt, dass die wichtigste Entscheidung eines Managers die Verpflichtung des richtigen Trainers sei - eine Aussage, die zu denken gibt. Offenbar ist Meier davon geprägt, dass er einst Ottmar Hitzfeld nach Dortmund holte und damit eine ganze Ära begründete. Danach war Meiers Trainerbilanz aber schon in Dortmund eine durchwachsene, unvergessen bleibt außer Nevio Scala die Doppelspitze Sammer/Lattek im Jahr 2000. In Köln scheiterte unter Meier dann der Schweizer Hanspeter Latour, Daum verpasste im ersten Jahr den Aufstieg und machte nach dem Bundesliga-Klassenerhalt von einem Tag auf den anderen Schluss, weil sein Vertrag das erlaubte.
In Meiers Welt überlässt der Verein gern dem Trainer die Konstruktion einer Mannschaft. Latour durfte Spieler im Dutzend verpflichten, Daum bediente sich in Brasilien, der Türkei - überall. So gesehen war Zvonimir Soldo vielleicht der richtige Trainer. Aber nicht für Michael Meier, der in ein Vakuum lief und statt eines Personalkonzepts wieder nur große Namen und Verweise auf alte Erfolge präsentierte. Podolski und Maniche folgten auf Petit und Womé - am liebsten hätten sie den türkischen Helden Tuncay und sogar Rafael van der Vaart geholt. Aber der war eine Nummer zu groß für das "Real Madrid des Westens". Und blieb am Ende beim Real Madrid Spaniens.