Bayer Leverkusen will den Vertrag mit Trainer Michael Skibbe vorzeitig verlängern. Vor dem Bundesliga-Heimspiel gegen Bayern München (15.30 Uhr, WELT.de-Liveticker) erklärt Sportdirektor Rudi Völler, warum der Werksklub auf Kontinuität setzt.
Von Lars Gartenschläger
Herr Völler, es ist noch nicht lange her, da waren Spiele zwischen Bayer und dem FC Bayern noch Spitzenspiele.
Rudi Völler: Wir spielen nicht mehr ganz vorn mit, was darauf zurückzuführen ist, dass wir uns in einem Konsolidierungsprozess befinden. Wir können derzeit keine großen Sprünge machen, was nicht heißt, dass unser Anspruch sich verändert hat: Wir wollen, wenn möglich, oben dabei sein. Wie in den letzten beiden Jahren auch. Platz fünf, der zum Uefa-Cup berechtigt, ist das Ziel.
Für mehr reicht es nicht?
Völler: Das wird schwer, weil wir den finanziellen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen haben. Aber ich finde, dass wir langfristig gesehen eine gute Basis mit der Mischung zwischen jungen und erfahrenen Spielern geschaffen haben. Und mit allen wichtigen Spielern wollen wir verlängern. So wie mit Barnetta (bis 2010; die Red.).
Wie steht es um Ihre Vertragsverlängerung?
Völler: Ich habe ein sehr enges und intaktes Verhältnis zum Verein und zur Bayer AG, was im Laufe der Jahre gewachsen ist. Wenn wir alle das Gefühl haben, dass es passt, machen wir auch zusammen weiter.
Ist es für Ihr Team ein Vorteil, dass die Stimmung bei den Bayern angespannt ist?
Völler: Unsere Spieler machen einen Fehler, wenn sie glauben, die Bayern sind locker zu bezwingen, weil es bei denen nicht so rund läuft. Die wirken für Außenstehende derzeit nicht so stabil, aber das ist auch ein gefährlicher Zustand für jeden Gegner. Wenn wir die Bayern ordentlich unter Druck setzen, können wir etwas reißen. Aber uns ist natürlich klar, dass die Bayern nicht der VfL Bochum sind.
Wie beurteilen Sie die Kritik an den Bayern?
Völler: Es ein schon ein Phänomen unserer heutigen Zeit, dass so viele Dinge recht schnell in die Kritik geraten, ohne dabei bestimmte Sachen vielleicht erst einmal abzuwägen. Allerdings: Wenn du beim FC Bayern bist, bist du auch etwas Besonders. Da reicht es eben nicht nur, zu gewinnen. Da musst du, wenn möglich, gleichzeitig schön spielen und hoch gewinnen. Es ist nicht einfach für die Spieler, die Erwartungen immer zu erfüllen.
Derzeit ist Werder Bremen für viele das Nonplusultra.
Völler: Sie haben gerade einen sehr guten Lauf. Aber die Saison ist noch lang und ich fände es übertrieben, jetzt schon zu sagen, dass Bremen die absolute Übermannschaft ist. Dafür gibt es zu viele andere Mannschaften, die ihr Leistungsvermögen noch nicht ausgeschöpft haben.
Bayer will mit Trainer Skibbe vorzeitig verlängern. Die Öffentlichkeit hat ihn zuletzt nicht so positiv gesehen.
Völler: Wir entscheiden, wie wir es als sportliche Leitung für richtig halten und richten uns nicht danach, was die Medien oder Außenstehende fordern. Dafür sind wir in einer zu verantwortungsvollen Position, solche Entscheidungen von Stimmungen abhängig zu machen.
Auch in Dortmund, bei Schalke 04 oder dem Hamburger SV greifen noch nicht die üblichen Mechanismen.
Völler: Unabhängig von irgendwelchen Forderungen kann man natürlich reagieren, wenn man überzeugt davon ist, dass etwas nicht mehr passt. Wir sind der Meinung, dass wir mit dem Kurs, den wir fahren, richtig liegen. Und ich finde es nur fair allen Beteiligten gegenüber, genau zu überprüfen, was man tut – und nicht in blinden Aktionismus zu verfallen. Es ist doch nie gesagt, dass ein Wechsel auch immer gleich bedeutet, dass alles besser wird.
Mittwoch bestreitet die Nationalelf ihr letztes Länderspiel 2006. Es gab Zeiten, da hat Bayer 04 bis zu fünf Nationalspieler gestellt. Derzeit hat man mit Bernd Schneider nur einen.
Völler: Auch wenn Stephan Kießling derzeit nicht so eine gute Phase hat, bin ich davon überzeugt, dass er mit seinem Talent unser nächster Nationalspieler wird. Auch bei Gonzalo Castro ist es meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit.
Wie sehen Sie als ehemaliger Teamchef die bisherige Arbeit von Bundestrainer Löw?
Völler: Da reichen drei Worte: Alles richtig gemacht.
Artikel erschienen am 10.11.2006