Es fehlt viel mehr als nur das Glück

  • UDO BONNEKOH


    (RP) Wer will denn da nicht mit Völler, Skibbe, Schneider, Ramelow und all den anderen empfinden, die unversöhnlich mit Worten oder Gesten die Leverkusener Trauer beschrieben und das Unglück beklagten nach dieser widerwärtigen Niederlage gegen die Bayern? Da wähnst du den Champion bezwungen und fängst dir zwei Leberhaken, bitter, bitter. Die Enttäuschung saß auch deshalb so tief, weil sich der sportliche Unfall in scheinbar nur drei Minuten vollzog. in denen sich alles Glück der Welt den Bajuwaren zuzuwenden schien. So etwas erregt natürlich Mitleid. Doch auch dieses Spiel hat eine Geschichte, die wenig zu tun hat mit Gefühlen. Tatsache ist: Bayer hat die seltsam angeschlagenen Bayern nur selten in solcher Unsicherheit angetroffen; Bälle auf die Tribüne gedroschen von Demichelis, wahllos die Kugel einfach hoch nach vorne geschlagen ohne Adressaten – wann hat es das bei den Münchnern schon mal gegeben? Doch Bayers Mannschaft hat in dieser Saison eine seltene Gabe, Gegner wahllos aufzubauen und deshalb wieder nichts aus der an sich günstigen Situation gemacht. Beispiele: Da kommen die Hamburger, die vorher nicht gewonnen haben und auch nicht mehr danach, in die BayArena und jubeln. Da tauchen die vorher und nachher gedemütigten Mainzer in Leverkusen auf und schleppen einen Punkt ab. Da drängt sich mehr als nur ein Verdacht auf: Es mangelt an Klasse, individuell und im Kollektiv, um Beständigkeit zu produzieren, mal einen großen Wurf zu landen und die Bayern zu schlagen. Dass etwa ein Jungspund wie Schwegler Respekt vor den Bayern zeigt oder Rolfes sich erwartbar nicht mehr auf dem Niveau der vorigen Saison bewegt, Madounis Mittel begrenzt sind – wer wollte ihnen einen Vorwurf machen? „Uns fehlt aber auch das Situationsglück“, klagte Skibbe. Da hat er zumindest punktuell Recht. Aber es fehlt noch viel, viel mehr.


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