Am Donnerstag tritt Stürmer Dimitar Berbatow mit Tottenham Hotspur im Uefa-Cup bei seinem ehemaligen Klub Bayer Leverkusen an. Obwohl er in neun Spielen erst einmal traf und der Londoner Klub in der Liga nur auf Platz 13 liegt, hat der 25-Jährige seinen Wechsel nach England nicht bereut.
Von Björn Lindert
Leverkusen - Auf der Homepage von Bayer 04 Leverkusen steht: "Er allein ist das Eintrittsgeld schon wert." Nur leider schießt er - Dimitar Berbatow - seit Sommer nicht mehr im Rheinland seine Tore, sondern beim Uefa-Cup-Gegner Tottenham Hotspur (Donnerstag, 20.30 Uhr, ZDF).
Für rund 16 Millionen Euro war der bulgarische Topstürmer im Sommer nach England gewechselt. In Leverkusen hinterließ er eine Lücke, die bis heute nicht geschlossen werden konnte. Stephan Kießling, den Bayer als Ersatz aus Nürnberg geholt hat, konnte ihn bislang nicht ersetzen. Er hat erst ein Tor erzielt. Sergej Barbarez, der vom Hamburger SV kam, schoss zwar schon drei, erfüllt aber auch noch nicht die Erwartungen.
"Der Abschied aus Leverkusen ist mir schwer gefallen", gibt Berbatow zu, "denn ich hatte sechs wundervolle Jahre in Deutschland. Aber der Zeitpunkt für einen Wechsel war gekommen. Und die englische Liga ist einfach die beste Liga der Welt."
Der 25-Jährige hat den großen Schritt in seiner Karriere noch keine Sekunde bereut. Auch wenn er für Berbatow einem Kulturschock gleichkommt. "In Leverkusen leben 200.000 Einwohner. Im Vergleich dazu London, keine Ahnung wie groß die Stadt wirklich ist, der Unterschied ist natürlich riesig. So viele Menschen, das ist unglaublich. Und dann noch dieses Verkehrschaos", sagt Berbatow und gibt zu, noch immer jeden Tag zu staunen. Es hilft ihm, dass er sehr gut Englisch spricht. In der Schule war der Torjäger, der in 200 Pflichtspielen für Bayer Leverkusen 91 Tor erzielte, zwar nicht sehr ehrgeizig, aber in Deutschland hat er dann richtig angefangen, die Sprache zu lernen. "Ich hab es mir quasi selbst beigebracht, durch Videos. Ich liebe es, englische Filme zu schauen, und da hab ich immer genau zugehört, während ich die bulgarischen Untertitel gelesen habe", verrät Berbatow seine Lernstrategie.
Viel wichtiger als die Schule war ihm in der Jugend der Fußball. Seine Mutter, Leichtathletin, und sein Vater, selbst Fußballspieler, hatten sein Talent gefördert. Und Berbatows Weg führte über Pirin Blagojewgrad 1998 zu ZSKA Sofia, wo ihn der ehemalige Leverkusener Manager Reiner Calmund ("Er war damals das größte Talent der unter 21-Jährigen in ganz Europa") entdeckte und im Jahr 2000 zu Bayer lotste.
"Damals war ich jung und scheu, heute bin ich erwachsen", sagt Berbatow. Doch auch heute bewegt sich der Frauenschwarm eher unsicher durch den Alltag, gibt fast nie Interviews, schaut immer schüchtern zu Boden. Manchmal wird ihm das als Arroganz ausgelegt, doch die große Show ist seine Sache einfach nicht. "Ich will kein Held sein, einfach meinen Job machen: Fußball spielen und Tore schießen", sagt er.
Die finanzielle Unabhängigkeit, die ihm sein Job und die Verträge in Leverkusen und jetzt in Tottenham gebracht haben, weiß er dabei sehr zu schätzen - viel mehr als die meisten seiner Berufskollegen aus Westeuropa. "Als ich sieben oder acht Jahre alt war, bin ich manchmal um sechs Uhr aufgestanden, um Brot zu kaufen. Da musste ich häufig in einer ziemlich langen Warteschlange anstehen. Daraus lernt man", sagt Berbatow.
Nun hat er den Sprung ins ganz große Fußballgeschäft geschafft. "Er ist als Freund von uns weggegangen, wir freuen uns ihn wiederzusehen", sagte Leverkusens Trainer Michael Skibbe vor dem Duell mit Tottenham, das derzeit in der Premier League nur auf Rang 13 liegt. Woran Berbatow vielleicht gar nicht so unschuldig ist. Denn so torhungrig, wie er in Leverkusen war, ist er bei Tottenham noch nicht. In neun Spielen hat er erst einen Treffer erzielt.
Bei Bayer hoffen sie natürlich, dass es zumindest bis heute Abend so bleibt.
Artikel erschienen am 23.11.2006