VON STEPHAN KLEMM, 24.11.06, 20:29h
In Hamburg wird in diesen Tagen rund um die örtliche Bundesliga-Fußball-Mannschaft alles probiert: Stars raus, Außenseiter rein, harte Ansprache, weiche Ansprache, Torwartwechsel, absurde Besetzungen. Das Problem: Thomas Doll, dem dafür verantwortlichen Trainer, ist noch jede dieser Maßnahmen misslungen. Seine Elf ist nun ein Abstiegskandidat. Der Hamburger SV ist das derzeit grandioseste Beispiel für rasanten Verfall.
Dicht gefolgt wird das Konstrukt vom Mittelrhein-HSV, von Bayer 04 Leverkusen. Dort hat man zwar ein paar Siege mehr gesammelt in dieser Saison, ansonsten ist die Situation deckungsgleich, auch der Leverkusener Doll, der hier Michael Skibbe heißt, wurschtelt am Getriebe, verstellt wöchentlich die Statik und erreicht damit zuletzt: nur Niederlagen.
Skibbe ist ein netter Mensch, der stets zuvorkommend auftritt und ganz gewiss auch immer hilfsbereit ist. Mit einer solchen Spezies kommt der Profi von heute allerdings nicht zurecht, was schon mal Teil eins des Skibbe-Problems ist: Autorität besitzt er kaum. Zudem muss er den Mangel verwalten, dem ihm seine sportliche Leitung um Manager Michael Reschke und Sportchef Rudi Völler zur Verfügung gestellt hat: fünf Neuzugänge, die leider fünf Flops sind, im Falle Kießling und Barbarez sogar fast noch mehr.
Drittes Problem: Skibbes Tendenz, angesichts nahender Misserfolge noch während des Spiels eine nicht aufgegangene Taktik radikal zu ändern, überfordert seine offenbar unflexible Mannschaft sichtlich. Weil nun also nichts von all dem funktioniert, was sich Skibbe ausdenkt, ist er mit seinem Team angekommen im Abstiegskampf. Diese akute Not ignoriert er jedoch und spricht weiter vom Erreichen des internationalen Geschäfts.
Ein Trainer ohne Autorität, ohne Personal, ohne Plan und mit Realitätsverlust - das klingt nicht nach einer Jobgarantie. Es ist genau das, was Thomas Doll und Michael Skibbe in diesen Tagen verbindet.
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