VON UDO BONNEKOH
(RP) Die Abkehr der Leverkusener Mannschaft von den Anhängern soll eine Ausnahme bleiben. Rudi Völler verteidigt die Profis. Fan-Projektleiter Stefan Thomé findet Reaktion der Spieler „nicht okay“.
Nicht viel passiert? „Nein“, sagte Bernd Schneider bei aller Erleichterung über das Leverkusener 3:1 gegen Cottbus am Sonntag, „die Situation hat sich ja nicht ganz verändert. Es ist so, dass wir gezeigt haben, was wir können. Und jetzt müssen wir in den fünf Spielen bis Weihnachten eben so weiter machen, wie wir gegen Cottbus aufgehört haben, und mal Konstanz reinbringen.“ Aufgehört? Zum Nachspiel eines sportlich gelungenen Abends, zur offenbar abgesprochenen demonstrativen Abkehr des Teams vom Publikum auf der Nordtribüne, wollte sich Bayers Ersatzkapitän in Vertretung des verletzten Carsten Ramelow nicht äußern. Das tat von der Mannschaft nur Simon Rolfes, dem die Freude über Sieg und sein feines Tor zum 2:1 die Zunge gelöst haben mochte: „Wir haben eine Reaktion auf das Verhalten der Fans am Donnerstag gegen Tottenham gezeigt“, erklärte der Mittelfeldspieler, der sich wie seine Mitstreiter im Kampf gegen die Engländer von außen nicht gut unterstützt gefühlt hatte.
Eine prompte Gegenreaktion löste die Verweigerung des Ensembles, sich den nach Erfolgen üblichen Applaus abzuholen, im Internetforum aus. Da ist im mit viel Zustimmung anderer Nutzer bedachten Beitrag von „Roginho“ zu lesen: „Die Spieler sind also über die Reaktion der Fans beim Spiel gegen Tottenham enttäuscht. Oh, die armen Spieler. Die Mimosen spielen einen leidenschaftslosen Scheiß daher – und das, obwohl die Unterstützung am Anfang durchaus stimmte – und erwarten noch Beifallskundgebungen?“. Und weiter heißt es: „Das Spiel gegen Cottbus war nicht die große Offenbarung, aber die Leistung stimmte im Wesentlichen. Drei Punkte eingesackt, fertig und hoffen (zum wievielten Male eigentlich?), dass das die Wende zum Besseren war. Beifall von den Rängen, nun haben die Spieler Unterstützung bekommen und hätten sich dafür als wohlerzogene Menschen zu bedanken“.
Bayers Sportdirektor Rudi Völler fand das Verhalten der Profis nicht nur nicht anstößig, sondern sah darin einen Ausdruck von „Courage, die die Spieler nicht nur auf dem Platz, sondern eben auch nachher bewiesen haben. Sie wollten zeigen, dass sie Kerle sind.“ Stefan Thomé, der Leiter des Leverkusener Fan-Projektes, bewertete die Aktion der Spieler nach den 90 Minuten („Das war nicht okay“) als ziemlich daneben. „Es handelt sich um Fußball-Fans. Und wir in Leverkusen haben eine treue Gemeinschaft, die die Mannschaft lange unterstützt hat. Auf Schalke oder in Dortmund wäre das in ähnlicher Lage bestimmt nicht so gewesen, da hätte es viel früher Pfiffe und anderes gegeben. Irgend wann haben die Fans die Schnauze voll, wenn die Profis keinen Willen zeigen “, erklärte er.
Der Sportbeauftragte des Konzerns Meinolf Sprink wurde nach eigenem Bekunden von diesem Ende „überrascht“, nannte das Verhalten „ein Signal der Mannschaft ans Publikum mit der Bitte um Hilfe von außen“. Rudi Völler bekräftigte, dass „das eine einmalige Aktion“ war.