VON RALPH ELSEN
(RP) Die Leverkusener griffen einem schwächelnden Gegner kräftig unter die Arme, und Bukarest „dankte“ es Bayer mit einem 2:1-Sieg. Skibbe: „Wir haben es dem Gegner zu einfach bei seinen Toren gemacht.“
Das ist gut angekommen in einer Stadt, in der die Armut noch greifbar ist. In strahlende Kinderaugen jedenfalls schauten Meinolf Sprink, der Sportbeauftragte der Bayer AG, und Fußball-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, als sie sich in einem Waisenhaus in Bukarest spendabel zeigten bei den ärmeren Geschöpfen dieser Welt. Bälle, Trikots, was zum Lesen und – sehr begehrt in Rumänien – Aspirin ließen sie auf ausdrücklichen Wunsch der Betreuer da. „Beeindruckend“ fand Sprink, was er in dem Heim erlebte.
Trotzdem musste am Abend der gedankliche Spagat gelingen, der emotionale Übergang von wirklich Wichtigem zur Nebensache Fußball, die allerdings für die Leverkusener Mannschaft und ihre Begleitung enorme Bedeutung erlangte. Und nach den 90 Minuten in diesem tristen Stadion ohne jeglichen Komfort inmitten von Wohnhäusern stand fest: Im Spiel machte Bayer einer schlechten Eindruck, das 1:2 in Rumäniens Metropole gegen Dinamo lässt zweifeln am Weiterkommen im Uefa-Cup am 14. Dezember gegen Besiktas.
So stockend wie der Verkehr in Bukarests chronisch verstopften Straßen verläuft, so schleppend gestaltete sich das Spiel des Bundesligisten in den ersten zehn Minuten. Doch wer nicht verlieren darf, öffnet sich tunlichst nicht für Konter.
Zu Bayers Führung freilich brauchte es keinen Spielfluss, weil Bernd Schneider den Ball per Freistoß auf Sergej Barbarez’ Hinterkopf schlug. Nicht nur Bukarests regungsloser Schlussmann staunte da. Das verstärkte natürlich noch den Respekt der Dinamos vorm Gegner.
Aber die Leverkusener sind ja auch bekannt dafür, dass sie im Gefühl der Überlegenheit schwachen Gegnern schon mal unter die Arme greifen. Das taten sie mit wohlbekannten Schlampereien. Gonzalo Castro machte es schon ein bisschen lässig und Ahmed Madouni erst recht mit seinem Doppel-Fehler. Erst verlor der Innenverteidiger den Ball, dann fälschte er ihn nach Niculescus Schuss auch noch ab. 1:1 – und die Zuschauer tobten.
Die Leverkusener taten nicht viel, um die Stimmung der Dinamo-Fans zu mindern. Keine Chance vorn (wenn, dann allenfalls von Barbarez, der zudem noch zu lenken versuchte) und anfällig hinten.
Trainer Michael Skibbe konnte es jedenfalls nicht fassen, dass und wie Bukarest zur Führung und zum Sieg kam. „Wir haben es dem Gegner viel zu einfach gemacht, zu Toren zu kommen“, meinte der Fußball-Lehrer vergrätzt. Das 2:1 der Rumänen entsprang wieder einem Doppel-Fehler, weil Castro und Madouni zuschauten, wie Niculescu seinen zweiten Treffer anbrachten. „Bukarest ist immer aufgekommen, wenn wir das Spiel im Griff zu haben schienen“, meinte Sportdirektor Völler mit eisiger Miene.