Durch den Sieg gegen Besiktas Instanbul hat Bayer Leverkusen die Gruppenphase glücklich überstanden. Weil die Bundesliga im Europapokal neben Bayern München und Werder Bremen dadurch mit einem weiteren Klub vertreten ist, steigen die Chancen, den zweiten festen Champions-League-Platz gegen Portugiesen und Rumänen erfolgreich zu verteidigen
Von Till Schwertfeger
Bayer Leverkusen hat am fünften und letzten Spieltag der Uefa-Cup-Gruppenphase sein erstes Spiel gewonnen. Durch das 2:1 (0:0) gegen Besiktas Istanbul qualifizierten sich die Leverkusener als Gruppendritter für die Runde der letzten 32. "In den ersten Spielen hatten wir uns nicht mit Ruhm bekleckert. Wir wollten zeigen, dass Bayer Leverkusen noch da ist, kämpfen und fighten kann. Es war von der ersten Sekunde an zu
erkennen, dass wir volles Programm nach vorne spielen wollten", sagte Trainer Michael Skibbe, dem die Erleichterung anzusehen war, nach dem Schlusspfiff im ZDF.
Weil sich auch die anderen deutschen Mannschaften im Uefa-Cup (Schalke, Hertha BSC und Eintracht Frankfurt) nicht mit Ruhm bekleckert hatten, war die entscheidende Gruppenpartie der Leverkusener quasi von nationaler Bedeutung. Dass unser Sieg auch wahnsinnig wichtig für die anderen ist, wird in der Mannschaft besprochen", hatte Skibbe vor dem Spiel gesagt. "Aber nur am Rande, denn das Beste für uns ist auch das Beste für die Liga." Durch die wenigen Siege in den europäischen Wettbewerben dieser Spielzeit droht die Bundesliga in der Fünfjahreswertung der Uefa vom fünften auf den siebten Platz - hinter Portugal und Rumänien - abzurutschen. Damit verbunden wäre der Verlust des zweiten festen Champions-League-Platzes.
Das Schöne an der Uefa-Cup-Gruppenphase ist, dass sie nach dem fünften Spieltag ein Ende findet - und dann für einige allenfalls durchschnittliche Mannschaften so etwas wie ein Finale auf dem Programm steht. Bayer Leverkusen jazzte die Partie gegen Besiktas Istanbul gar zum "Spiel des Jahres" hoch. Obwohl der Tabellensiebte der Bundesliga insgesamt nur einen Punkt in den den ersten drei Begegnungen gewonnen hatte, war ihnen tatsächlich noch die Chance aufs Weiterkommen in die Runde der letzten 32 gegeben. Nur, diesmal mussten sie endlich mal gewinnen.
Vielleicht half die eindeutige Ausgangslage den gegen Tottenham und in Bukarest so enttäuschenden Bayer-Profis (Skibbe: "Das war kein Uefa-Cup-Niveau") auf die Sprünge. Im eigenen Stadion, das zur Hälfte von Zuschauern türkischer Abstammung besetzt war, kombinierten die Leverkusener zielstrebig wie lange nicht mehr und zeigten, was für ein Potenzial vor allem im aus Athirson, Bernd Schneider und Paul Freier zusammengesetzten offensiven Mittelfeld steckt.
Schon in der zweiten Minute prüfte der Brasilianer Athirson nach einem Solo Besiktas-Keeper Runja mit einem Distanzschuss. 60 Sekunden später spielte Freier Sergej Barbarez, der mit Andrej Woronin das Sturmduo bildete, frei, doch der Bosnier schob den Ball am Tor vorbei. Insgesamt sechs große Einschussmöglichkeiten besaßen die Platzherren in der Anfangsviertelstunde. Doch Barbarez und Woronin gingen grob fahrlässig mit den Chancen um, so dass Trainer Michael Skibbe trotz der guten Leistung seiner Mannschaft missmutig dreinblickte. Um zu gewinnen, musste Leverkusen ja mindestens ein Tor schießen.
Mit zunehmender Spieldauer stellten sich die vom Franzosen Jean Tigana trainierten Gäste besser auf die Angriffe der Leverkusener ein, und Besiktas mit den brasilianischen Weltmeistern von 2002, Ricardinho und Kleberson, wurde ein ebenbürtiger Gegner. Die beste Tormöglichkeit vergab Bobo, der dritte Brasilianer in Istanbuls Startelf, nach 20 Minuten. Tigana konnte den Fehlschuss verschmerzen. Besiktas reichte das Unentschieden.
Nach dem Seitenwechsel schien das Gewinnenmüssen die Leverkusener zu belasten. Der Offensive fehlten die Ideen, wie die mittlerweile kompakte Hintermannschaft der Türken zu überwinden wäre. Erst nach 62 Minuten schwor ein Schuss des emsigen Athirson wieder Torgefahr herauf. Besser wäre allerdings in diesem Fall ein Pass auf den freistehenden Barbarez gewesen.
Skibbe reagierte auf das drohende Unentschieden und wechselte in der 65. Minute Mittelfeldspieler Tranquillo Barnetta für Außenverteidiger Gonzalo Castro ein. Sturmtalent Stefan Kießling jedoch ließ er weiter auf der Bank. Dafür dass sie wirklich nichts mehr zu verlieren hatten, taten die Leverkusener nun viel zu wenig. Nachdem Kleberson per Kopf fast das 1:0 für Besiktas gelungen wäre (75.), gab Skibbe mit der Einwechslung Kießlings (für Innenverteidiger Karim Haggui) endlich das Alles-oder-Nichts-Signal - und wurde prompt belohnt. Zwar vergab Simon Rolfes nach einem Athirson-Freistoß eine herausragende Kopfballchance, aber im Kampf um den Abpraller wurde Innenverteidiger Juan nach Meinung des italienischen Schiedsrichters Paparesta elfmeterreif gefoult.
Es passte zur Leverkusener Vorstellung, dass Marko Babic mit dem Strafstoß schmächlich an Runje scheiterte, glücklicherweise aber brachte Kapitän Schneider den Nachschuss zum 1:0 über die Linie (77.). Und glücklicherweise sah Paparesta auch darüber hinweg, dass Schneider und einige seiner Kollegen zu früh in den Strafraum der Türken gelaufen waren.
Zwar zogen sich die Bayer-Spieler instinktiv in die eigene Hälfte zurück, um die knappe Führung über die Zeit zu retten. Doch noch ehe das große Zittern beginnen konnte, stand Kießling allein vor dem Gäste-Tor. Der 22-Jährige zeigte, warum er in Leverkusen noch nicht erste Wahl ist, er schoss den Torwart an (Skibbe: "Man merkt, dass sein Nervenkostüm blank liegt"), Routinier Barbarez aber staubte zum 2:0 ab (86.). Weil Barnetta in der 90. Minute Tandogan im eigenen Strafraum ungeschickt zu Fall brachte, wurde es doch noch einmal spannend. Ricardinho verkürzte per Foulelfmeter auf 2:1. Mehr aber war für Besiktas in der Nachspielzeit nicht drin.
Bei der Auslosung am Freitag in Nyon erhält Bayer Leverkusen einen der acht Gruppensieger zugelost. Deutschland ist im neuen Jahr im Europacup neben Leverkusen noch mit Bayern München (Achtelfinale der Champions League) und Bundesliga-Tabellenführer Werder Bremen vertreten, der aus der Champions League in den Uefa-Cup absteigen musste. Die Verfolger in der Uefa-Fünfjahreswertung Portugal (FC Porto, Benfica Lissabon, Sporting Braga) und Rumänien (Steaua und Dinamo Bukarest) sind noch durch drei bzw. zwei Mannschaften vertreten.